Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Druck: Ulrich Konrad, „Quellen zur Musikgeschichte Göttingens im 19. Jahrhundert. Die Briefe Johann August Günther Heinroths an Johann Friedrich Naue, Robert Schumann und Louis Spohr“, in: Göttinger Jahrbuch 35 (1987), S. 215-242, hier S. 231
Sr. Wohlgeboren
Dem Herrn Capellmeister Spohr
in
Cassel
Frei.1
Mein theuerster Freund,
Für Ihre Bereitwilligkeit, mir zu helfen und beizustehen sage ich Ihnen schon jetzt meinen verbindlichsten Dank und verzichte gern auf Herrn Gerstäcker, so bald Sie mir zu Seite stehen. Vielleicht unterstützt mich der gefeyerte Sänger zu einer für ihn gelegenern Zeit. Im Mai sollte demnach die Sache vor sich gehen und ich theile Ihnen meinen Plan mit. Den Tag des Conzertes stelle ich ganz in ihre Willkühr, nur möchte ich vor dem 22t Mai nicht gerne zu Werke gehen, weil doch wohl erst die Universität beisammen seyn muß. Wäre es Ihnen möglich, einen Sonnabend dazu zu bestimmen, vielleicht den 22t Mai, so würden Sie das hiesige Publicum dadurch sehr verbinden, indessen wählen Sie ganz nach Belieben den Tag. Im ersten Theile des Concerts sollte meine Singacademie Rombergs Glocke vortragen, welche mir nicht zu viel Mühe macht und im zweiten Theile, nam finis coronat opus, wünschte ich von meinen verehrten Gästen aus Cassel ein Paar Soloparthien. Auch dieses überlasse ich ganzh Ihrem gütigen Ermessen. Sehr verbinden würden Sie uns alle, wenn Sie noch in einer begeisterten Stunde eine, aber für uns leicht anzuführende Ouverture für die Kirche schrieben. Sänge denn wohl Ihre Dem. Tochter ein Solo, vielleicht ein Duett mit Herrn Berthold, freilich aus keiner Oper sondern aus einem Oratorio? Die Kirchen-Deputation möchte sich sonst gegen die Oper auflehnen.
Sollte ich aber mit meiner Bitte hinsichtlich der Ouverture durchfallen, so frage ich bei Ihnen nur um ein kleines Solo an. Werden Sie aber ja den Wünschen nicht böse, ich überlasse Alles für den zweiten Theil Ihrem gütigen Ermessen und füge mich Ihrem Willen. haben Sie mir diesen angezeigt, so bitte ich zugleich den gewählten Tag zu bemerken. Ich reise nemlich in diesen Ferien nach Seesen, bei welcher Gelegenheit ich mich dann nach Gandersheim verfügen werde, um Ihre lieben Angehörigen zu diesem Fest einzuladen; dahin schicke ich ebenfalls einen Wagen, damit wir zusammen wieder einmal recht vergnügt sein können. Alte Bekannte und Freunde sind immer besser als neue.
Ihre Frau Gemahlin und die lieben Ihrigen grüßt meine Frau herzlich und ich verbleibe in der Hoffnung, einer baldigen Antwort wie immer
Ihr
ergebenster
Heinroth.
Göttingen d 30t März
1824.
Autor(en): | Heinroth, Johann August Günther |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Berthold, Eduard Gerstäcker, Friedrich (Vater) Zahn, Emilie |
Erwähnte Kompositionen: | Romberg, Andreas : Das Lied von der Glocke |
Erwähnte Orte: | Gandersheim Göttingen Seesen |
Erwähnte Institutionen: | Singakademie <Göttingen> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1824033044 |
Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Heinroth. Spohrs Antwortbrief ist derzeit ebenfalls verschollen.
[1] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts in der Mitte der Poststempel „GÖTTINGEN / 1. Apr. 24“; links neben dem Adressfeld der Stempel „1APR1824“.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (19.08.2021).