Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Verehrtester Herr Kapellmeister!

Mit großem Intereße habe ich gelesen, welchen Erfolg Ihre Oper Jessonda in Cassel1 und Leipzig2 gehabt hat. Hoffentlich werde wir auch hier bald dies deutsche, kräftige Meisterwerk hören, da Spontini sich gegen sich wenigstens sehr geneigt für die Aufführung ausgesprochen hat. Was ich dazu beitragen kann, fleißig zu vereinen, soll verwiß geschehen. Es ist eine Schande, daß wir hier von einem solchen Meister noch keine Oper auf der Bühne haben, wo Gluck, Mozart und Spontini so glänzen.
Ich würde aber sehr rathen, daß Sie persönlich Ihre Jessonda hier, wie in Leipzig, einführten. Es kömmt zu viel auf richtige Tempi und genaue Nüancirung an. - Wird dann der Klavierauszug nicht bald bei Peters erscheinen? - Obgleich ich nicht so glücklich gewesen bin, mein deutsches OriginalProduct, Theod. Körners Fischermädchen“ dort auf die Bühne zu bringen, so wage ich es doch das Manuscript eines nach dem Französischen bearbeiteten Singspiels: Ein Abend in Madrid“ an Herrn Generaldirector Feige (den ich persönlich zu kennen die Ehre habe) einzusenden. Im Fall der Annahme bitte ich Euer Wohlgeb. ganz ergebenst, mir anzeigen zu wollen, ob ich die Partitur mit Erfolg einsenden darf?
Ihrer Aufforderung an deutsche Komponisten zu genügen, arbeitete ich auch jezt an einer größeren Oper und strebe wenigstens mit endlichem Willen nach dem höheren Ziel der Kunst! - Obiges Singspiel ist hier mit Beifall gegeben und erhält sich auf dem Repertoir.3
Ihrer bald geneigteen Antwort entgegen sehend verharre ich hochachtungsvoll

Ihr
ganz ergebenster Diener
J.P. Schmidt.

Berlin
den 9ten März 1824.
Mohrenstraße No. 26



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 01.02.1822. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 25.02.1825.

[1] Vgl. „Cassel, im August“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 25 (1823), Sp. 629-636.

[2] Vgl. „Leipzig, am 10. Febr. 1824”, in: Abend-Zeitung (1824), S. 168; Kalophilos, „Leipzig im Februar 1824”, in ebd., S. 216, 220 und 224, hier S. 220 und 224.

[3] Aufführungen am 4., 9., 18.02. (vgl. „Uebersicht der musikalischen Aufführungen zu Berlin“, S. 86), 13.06. (ebd., S. 230), 13.08. (ebd., S. 304). Zur Aufführung vgl. A-z, „Das verborgene Fenster, oder ein Abend in Madrid, Singspiel in 3 Abtheilungen“, in: ebd., S. 58 und 65f.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (05.07.2018).