Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Ruppe:3

Meiningen
d 4. Januar
1824.

Wohlgebohrner, hochzuverehrender Herr Kapellmeister,

Das junge Jahr begrüßend sende ich auch herzliche Wünsche für Ihr Wohl und das Wohl Ihrer ganzen geachteten Familie zum lieben Cassel hinüber. Vor allem beglücke Sie dauerhafte Gesundheit; beständige Heiterkeit des Geistes – und noch viele schöne, kräftige Blüthen ihres Geistes werden den Freund der Tonkunst erfreuen und begeistern. Ich bin so frei, Ihnen hiermit auch einige – unter meiner Feder aufgesproßte Blümchen zu übersenden, nemlich
a, eines von meinen 3 Quintetten für das Pianoforte und 4 blasende Instrumente No 11.
b, eine Sonate für das P.F. und Violin oder Flöte (beides für Ihre verehrungswürdige Frau Gemahlin und
c, eine neue Composition auf das Lied von Göthe: „Kennst du das Land“ für die liebliche Sängerin, Ihr Fräulein Tochter.
Vor einigen Tagen componirte ich dieses Lied und wie es vollendet war; so versuchte ich es, zu der neuen Composition auch einen neuen Text zu dichten: Sehnsucht nach den himmlischen Land. Da gibt es freilich keine Banditen wie in Italien und keine Beutelschneider wie im Lande der stolzen Britten.
Möge Ihnen, Ihrer verehrten Frau Gemahlin und Fräulein Tochter dieser kleine musicalische Strauß einiges Vergnügen machen! Dann ist mein Wunsch erfüllt. Ew. Wohlgebohren haben wohl bei der Menge Ihrer Geschäfte noch keine Zeit finden können, meine Ihnen übersendete Orchestersachen durchzusehen und probiren zu lassen?
Wenn es Ihnen möglich ist, solches bald zu bewirken und mir Ihr Kunsturtheil darüber mitzutheilen (wenn auch einstweilen nur in Hinsicht der Sinfonie); so werden Sie mich sehr verbinden. Mit ausgezeichneter Hochachtung habe ich die Ehre zu seyn

Ew. Wohlgebohren
ergebenster Diener
Friedrich Christian Ruppe.



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Ruppe, 26.06.1823. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Ruppe an Spohr, 21.03.1824.

[1] „No 1“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (20.12.2023).