Autograf: Nederlands Muziek Instituut Den Haag (NL-DHnmi), Sign. Collectie Noske
Inhaltsangabe und Faksimile: Musiker- und Dichter-Autographen (= Katalog Voerster 3), Stuttgart 1969, S. 21 (teilweise: Schlussformel und Unterschrift)

Sr. Wohlgeb
Dem Herrn Justizkommissarius
Malinski zu
Königsberg in
Preußen.


Cassel den 27sten December
23.

Wohlgeborner,
Hochgeehrter Herr Justizkommisair,

Ich beeile mich Ihnen auf Ihre freundliche Zuschrift zu erwidern, daß ich Ihrem Verein zu einer Concertaufführung1 recht gern die Partitur des Faust, ohne Honorar zu verlangen, überlassen will und mache nur die Bedingung, daß keine weitere Abschrift davon gemacht und verarbeitet werde. Die Partitur abzuschreiben wird 18-20 Rth Preuß. ohngefähr kosten. Die Orchesterbegleitung des Faust ist übrigens sehr schwer, bedarf sehr sorgfältiger Proben und muß im Saal sehr diskret seyn, wenn sie nicht alles verderben soll. Mehr oder weniger ist dieses zwar mit jeder Musik der Fall, die für das Theater und nicht für den Concertsaal instrumentirt ist; beym Faust, den ich für ein großes Theater in Wien schrieb ist der Lerm denn doch aber größer, wie bey den meisten andern. Ich halte daher Zemire und Azor zu einer Concertaufführung viel geeigneter, auch schon deswegen weil die meisten Musikstücke eine regelmäßigere, weniger für die Scene berechnete Form haben und die ganze Oper brillanter für die Singstimmen gehalten ist. Zemire und Azor ist auch schon an mehreren Orten z.B. in Hamburg und Bremen von den dortigen Singvereinen mit Erfolg und wiederholt als Concert gegeben werden. Sollte Sie sich nun für diese bestimmen, so steht auch davon gern die Partitur zu Diensten.
So eben erscheint meine neueste Oper: Jessonda im Clavierauszuge. Dieß ist eine große ernsthafte Oper ohne Dialoge und wird sich daher in der Folge zu Concertaufführungen am allerbesten eignen. Von Alruna ist nie ein Clavierauszug erschienen, da sie mir bald nach ihrer Vollendung nicht mehr genügte.
Mit vorzüglicher Hochachtung habe [ich die] Ehre zu seyn

Ew Wohlgeb
ergebenster Diener
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Malinski, Johann Friedrich
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Alruna
Spohr, Louis : Faust
Spohr, Louis : Jessonda
Spohr, Louis : Zemire und Azor
Erwähnte Orte: Bremen
Hamburg
Königsberg
Erwähnte Institutionen: Gesangverein <Hamburg>
Theater an der Wien <Wien>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823122719

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Malinski an Spohr, 12.12.1823.

[1] Vgl. „Königsberg. (Bericht vom August 1824 bis Ostern 1825)”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 27 (1825), Sp. 315-320, hier Sp. 318; „Bemerkung”, in: Zeitung für die elegante Welt 24 (1824), Sp. 144. Eine spätere Aufführung in Königsberg unter dem gleichen Dirigenten, Friedrich August Riel, fand 1840 statt (vgl. „Königsberg, im Januar 1840”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 42 (1840), Sp. 112-116 und 133ff., hier Sp. 112).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.12.2016).