Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Detmold den 17ten Dec. 1823
Lieber Herr Capellmeister!
Es thut mir sehr leid meinen Vetter1, welcher das Glück haben wird Ihren Unterricht zu genießen nicht selbst zu Ihnen zu führen weil ich überzeugt daß Sie diesen talentvollen Jungen mit Vergnügen unterrichten werden. In Münster war er ein Jahr bey mir, wo ich mit ihm schon mehrere Sachen von Ihnen durchgegangen habe, auch spielte ich die Concertante schon im Conzert mit ihm. Früher hat mein Vetter eine sehr ausgezeichnete Sopranstimme gehabt, seitdem sie sich brach hat er nicht wiedergesungen auch hat er viel Talent zur Flöte. In der letzten Zeit lieber Herr Capellmeister, habe ich noch mehrere Versuche in der Composition gemacht, u. gewagt eine Ouverture zu schreiben, welche ich in meinem letzten Conzert in Münster hörte. Der Aufenthalt in Münster ist für mich noch immer sehr belehrend indem ich im Dirigiren viele Uebung habe u. gleich meine geringen Geburten hören kann, indeß werde ich hier immer nicht dort bleiben, wahrscheinlich wird der hiesige Fürst mir Anträge als Conzertmeister machen, welcher endlich eine Harmonimusic engagirt hat u. nun noch mehrere Kammermusicer anstellen wird. Gestern habe ich hier am Hof gespielt, (die Gesangscene , die Irländ. Lieder, das Rondo von der Concertante mit meinem Vetter u. ein Rondo von mir über das Thema: u. ob die Wolke sie verhülle2) Die Fürstin ist eine geborene Prinzessin von Sondershausen u. hatte lange von Ihren himmlischen Compositionen nichts gehört, zwei Tage werde ich hier bey meinen Eltern noch bleiben u. dann nach Münster zurückehren. Meine alte Bitte lieber Herr Capellmeister wage ich nochmals zu wiederholen, daß wenn Sie einmal Holland wieder besuchen, Sie Münster mit Ihrem Besuche auch beglücken.
Ihrer werthen Frau Gemahlin bitte ich mich bestens zu empfelen, auch grüßen Sie Herrn Hasemann herzlich.
Hochachtungsvoll
stets Ihr
dankbarster u. Sie innig lie-
bender Schüler
Georg Schmidt.
Autor(en): | Schmidt, Georg |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Emilie Lippe-Detmold, Fürstin Leopold II. Lippe-Detmold, Fürst Schmidt, Wilhelm |
Erwähnte Kompositionen: | Schmidt, Georg : Ouvertüren Schmidt, Georg : Rondos, Vl Orch Spohr, Louis : Konzerte, Vl 1 2 Orch, op. 48 Spohr, Louis : Konzert in Form einer Gesangszene, Vl Orch, op. 47 Spohr, Louis : Potpourris [über irische Lieder], Vl Orch, op. 59 |
Erwähnte Orte: | Detmold Münster in Westfalen |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823121740 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 08.07.1823. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 14.02.1824.
[1] Vermutlich der spätere Detmolder Hofmusiker Wilhelm Schmidt. Für die Verwandtschaft spricht, dass Wilhelm Schmidt Sohn des Amtsmusikers in Brake bei Lemgo war, wo auch Georg Schmidts Vater geboren war (vgl. Richard Müller-Dombois, Die Fürstlich Lippische Hofkapelle. Kulturhistorische, finanzwirtschaftliche und soziologische Untersuchung eines Orchesters im 19. Jahrhundert (= Studien zur Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts), Regensburg 1972, S. 167; ). Für die Identität mit dem hier genannten Vetter das Geburtsdatum 1810, da 14 ein typisches Alter für einen Schüler war, der seinen Unterricht bei Spohr begann; dazu passt auch der Hinweis auf den offensichtlich noch nicht lange zurückliegenden Stimmbruch.
[2] Variationen über eine Cavatine aus Der Freischütz von Carl Maria von Weber.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.02.2022).