Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,53 und 55 Nachl. 76,134
Druck 1: Eduard Speyer, Wilhelm Speyer der Liederkomponist 1790-1878. Sein Leben und Verkehr dargestellt von seinem jüngsten Sohne, München 1925, S. 69f. (teilweise)
Druck 2: Till Gerrit Waidelich, „Die Beziehungen zwischen Carl Maria von Weber und Louis Spohr im Spiegel ihrer Korrespondenz“, in: Weberiana 24 (2014), S. 117-144, hier S. 132 (teilweise)
m jüngsten Sohne, München 1925, S. 69f. (teilweise)

Sr. Wohlgeb
Herrn Wilhelm Speyer
in
Offenbach a/m
 
franco.
 
 
Sr. Wohlgeb
Herrn Wilhelm Speyer
in
Offenbach a/m
 
franco0
 
 
Cassel am 24sten November
23.
 
Geliebter Freund,
 
Haben Sie Dank für Ihre gütige Besorgung, denn durch Ihr Betreiben habe ich sicher die Stimmen von Idomeneo und die Partitur von Rotkäppchen erhalten. Letztere soll, sobald sie abgeschrieben ist, wieder an Guhr zurückgehen.
Da Jessonda nun erst Ostern gegeben werden soll, so werden wir unsere Reise nach Frankfurt natürlich auch bis dahin verschieben und dann desto mehr mit Ihnen und Ihrer Familie zusammen sein können. Meine Oper wird nun freilich in Leipzig, Berlin und Dresden früher als in Frankfurt gegeben werden. Nach Berlin werde ich wahrscheinlich zur Aufführung reisen.
Über die Euryanthe hören wir noch immer die widersprechendsten Nachrichten. Einem Theil des Wiener Publikums hat sie nicht gefallen ein anderer erhebt sie über alles, was bis jetzt gehört worden ist. Die Wahrheit wird in der Mitte liegen. Nach Privatbriefen1 ist die erste Aufführung wirklich ein wenig langweilig gewesen und Weber hat zur 2ten bedeutend gestrichen, und die Direktion will nach seiner Abreise noch mehr streichen.
Gestern abend hatten wir wieder Jessonda mit der Krüger-Aschenbrenner. Sie war viel besser wie die Braun aber lange nicht mein Ideal für diese Parthie. Die Oper ging wieder recht lebendig und wurde eben so aufgenommen Gerstäcker ist ganz wieder hergestellt.2 – Die herzlichsten Grüße von uns allen. Ewig Ihr L. Spohr
 
Nachschrift. Herr Ries in London schreibt mir vor etwa 4 Wochen: Ich habe an Sie durch das Haus Herrn Hertz in Frankfurt a/m 110 Wechselthaler anweisen lassen.3 Nun habe ich bis jezt nichts erhalten, weiß auch nicht ob ich nicht vieleicht über obige Summe einen Wechsel schreiben und bey Hrn. Hertz einkassiren lassen muß. Auch weiß ich nicht was Ries unter Wechselthaler verstanden hat. – Hätten Sie wohl die Güte sich b[ey] Herrn Hertz zu erkundigen, wie es mit [dem] Gelde steht? Was ich thun muß, u[m es] zu bekommen und wie viel es eigentlich ist! - Verzeihen Sie mir, daß ich Sie schon wieder mit Aufträgen plage! Wenn ich nur auch einmal was für Sie zu besorgen bekäme.



Dieser Brief ist die Antwort auf Speyer an Spohr, 08.11.1823. Speyer beantwortete diesen Brief am 07.12.1823.
Die Nachschrift des Briefs ist in der Staatsbibliothek Berlin mit einer eigenen Signatur versehen; ein früherer Bearbeiter, vermutlich Edward Speyer, hat diese Nachschrift mit Bleistift mit „Cassel, 24 Nov 1828? oder 1829?” datiert (vgl. Digitalisat). Dieses Datum stammt offensichtlich vom Poststempel auf dem Adressblatt der Nachschrift, bei der die letzte Ziffer des Datums „Cassel / 24 Nov 182” jedoch verwischt und daher unlesbar ist. Da Spohr dieser Nachschrift aus Kassel abschickte, muss sie nach seinem Amtsantritt 1822 entstanden sein. Da er hier von „Ries aus London” schreibt, der im Mai 1824 London verließ, muss sie spätestens 1823 entstanden sein. Dass es sich hier tatsächlich um die Nachschrift zum Brief vom 24.11.1823 handelt, belegen einerseits Ries' erwähnter Brief vom 28.10.1823, der mit Spohrs Inhaltsangabe übereinstimmt, andererseits Speyers Antwort auf die hier gestellte Frage in seinem Antwortbrief.
 
[0] [Ergänzung 25.04.2022:] Dass Brief wie Abschrift adressiert sind, zeigt, dass Spohr vermutlich den Brief in den aus der Nachschrift gefalteten Briefumschlag steckte (s.o.).
 
[1] Noch nicht ermittelt.
 
[2] Vgl. „Cassel, im März”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 26 (1824), Sp. 225ff., hier Sp. 226; „Aus Kassel. Am 8. Novbr. vor. J.”, in: Zeitung für die elegante Welt (1824), Sp. 376, 383f. und 391f., hier Sp. 383f.
 
[3] Vgl. Ferdinand Ries an Spohr, 28.10.1823.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.02.2016).

Cassel, 24. November 1823.
 
... Da ,Jessonda’ nun bei Ihnen erst Ostern gegeben werden soll, so werden wir unsere Reise nach Frankfurt natürlich auch bis dahin verschieben und dann desto mehr mit Ihnen und Ihrer Familie zusammen sein können. Meine Oper wird nun freilich in Leipzig, Berlin und Dresden früher als in Frankfurt gegeben werden. Nach Berlin werde ich wahrscheinlich zur Aufführung reisen.
Über die ,Euryanthe’ hören wir noch immer die widersprechendsten Nachrichten. Einem Teil des Wiener Publikums hat sie nicht gefallen, ein anderer erhebt sie über alles, was bis jetzt gehört worden ist. Die Wahrheit wird in der Mitte liegen. Nach Privatbriefen ist die erste Aufführung wirklich ein wenig langweilig gewesen und Weber hat zur zweiten bedeutend gestrichen, und die Direktion will nach seiner Abreise noch mehr streichen ...