Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Druck: Ferdinand Ries, Briefe und Dokumente, hrsg. v. Cecil Hill (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn 27), Bonn 1982, S. 186f.

Herrn
Herrn L. Spohr


London 28 of Oct 1823

Geliebter Freund!

Wie soll ich Ihnen für Ihre Freundschaft für mich, für Ihre Güte gegen meinen Bruder1 genug danken? Wie kann ich es? Daß mir Ihr Brief unendlich viel Vergnügen machte, darf ich Ihnen wohl nicht versichern. es ist mehr als ich erwarten konnte, und natürlich um so angenehmer. Sie sagen viel, sehr viel von meinem Bruder – und nur Ihnen will ich es glauben. Daß Sie ihm auch noch zu einem Engagement2 verholfen haben, hat das Maaß voll gemacht, wie glücklich wird mein alter Vater3 sich fühlen – am Rheine müssen wir uns wiedersehen – und dann mit Dank gut machen, wenn es möglich. Schuldner muß ich einmal bleiben. Ich würde Ihnen längst geschrieben haben, wenn ich wegen Madame Cornega hätte etwas Bestimmtes sagen können. Ich bin von einem zum andern und hingewiesen worden, die Schwierigkeit, jemand zu Hause hier4 zufinden, kennen Sie – der Haupt Manager H. Benelli, ist nach Paris und Italien gereist – nach vielen und vergeblichen Laufen, bin ich also endlich an einen Advocaten H. Chippendal gekommen (das ist doch wahrhaft musikalisch) der mir sagte, er hätte die Sache von Benelli übernohmen und versprach mir, den nehmlichen Tag an Mad Cornega deswegen zu schreiben – ich hoffe also, daß er Wort gehalten, und daß es nach Wunsch ausfallen wird. Ich habe auf Ihr Wort durch dick und dünne gelobt und gepriesen. Haben Sie meine Sinfonie von Härtel erhalten? Ich hoffe nicht, daß er den nehmlichen dummen Streich, als mit der großen Variationen Concertant für Piano- & Violon obligé gemacht – er hat nehmlich den Brief, der über5 der Dedication spricht, mit einem Exemplar6 nach Wien geschickt, aber keine Dedication auf den Titel stechen lassen: welches mir äußerst unangenehm war, indem ich es nur meinen intimsten Freunden zu Gefallen gethan habe.
Meine Abreise ist auf den 15 July7 bestimt, mein AbschiedsConcert8 in der Arbeit, ich bin des Joches müde: Cabalen, Sauereyen, alles wird auch hier unangenehmen, was Sie wohl durch Grund9 gehört haben werden – das Geld habe ich – und so muß ich im Grunde doch nicht zu sehr beklagen.
An Ihre liebe Frau alle gute und herzliche von mir und meiner Frau, die jeden Augenblick ihrer Entbindung entgegen sieht. Da ich nun aufhören werde, Lectionen zugeben, hoffe ich, wird es auch wohl mit den Kindern dabey bleiben. Ich wünschte, daß Sie wieder einmal nach England kommen wollten, damit Mori ein bißchen Lection bekömmt. Ich habe an Ihnen, lieber Freund, durch das Haus H Hertz in Frankfurt a/m 110 Wechselthaler anweisen lassen, die ich Sie gefälligst bitte, meinem Bruder zu geben. Leben sie glücklich, wohl und vergessen Sie nie Ihren

aufrichtigen dankbaren
Ferd. Ries



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Ries. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Ries an Spohr, 25.11.1825.

[1] Hubert Ries.

[2] Am Königstädter Theater in Berlin.

[3] Franz Anton Ries.

[4] „hier“ über der Zeile eingefügt.

[5] „der über“ über gestrichenem „mit“ eingefügt.

[6] „mit einem Exemplar“ über der Zeile eingefügt. Der Druck transkribiert hier „mit andre Exemplar“.

[7] Ries reiste bereits am 09.07.1823 (vgl. Druck, S. 187, Anm. 5 und Ferdinand Ries an Joseph Ries, 10.07.1824, in: Druck, S. 193).

[8] Der Druck interpretiert dies nicht als gegebenes Konzert, sondern auf Ries‘ Klavierkonzert op. 132.

[9] Zu Grunds London-Aufenthalt vgl. Ferdinand Ries an William Watts, April 1823, in: Ferdinand Ries, Briefe und Dokumente, hrsg. v. Cecil Hill (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn 27), Bonn 1982, S. 177.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.07.2019).