Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Liebster Freund,

Jede Gelegenheit mich in Ihr freundschaftliches Andenken zurück zu rufen und mich darinn zu erhalten ist mir erwünscht und so gebe ich denn auch die Bitten des Ueberbringers dieser Zeilen, dem H. Pr. CammerM.1 Belke aus Berlin nach welcher sich heute hier2 auf der Posaune und dem chromatischen Tenorhorn hören lies und mich so eben um ein paar empfehlende Zeilen an Sie ersucht hat. Ich maße mir nicht an ein eigens ausschließliches Urtheil über die Produktionen dieses Künstlers zu fällen, allein ich glaube im Namen meiner – und somit auch Ihre hiesigen Kunstfreunde zu sprechen wenn ich sage daß das Spiel des Hrn Belke auf der Posaune, obgleich von Fertigkeit u gutem Tone genügend, dennoch noch Manches, hauptsächlich in Hinsicht der Reinheit, zu wünschen übrig lies, und hinter unserm Ihnen wohlbekannten Hasemann zurück bleiben dürfte, daß er dagegen weit mehr als Virtuos auf dem chromatischen Tenorhorn [wäre nur das was er bläßt besser!3 interessirt hat welches und eine schätzbare Erfindung,4 – hauptsächlich in Verbindung mit andern Blasinstrumenten und somit vorzugsweise bey Militair Musiken neu und kräftig würkend – zu seyn scheint. Sollten Sie daher diese Erfindung noch nicht kennen so glaube ich Sie darauf aufmerksam machen zu dürfen – Was mich anbelangt so befinde ich mich – seit Johannis dieses Jahres Ehemann5 – so gesund heiter und glücklich als man sich’s auf dieser Erde wünschen mag. Meine Gattin ist ganz so wie ich mir von je her eine Gefährtin gewünscht habe, gebildet aber natürlich, heiterer höflicher Laune, wirthschaftlich auch musikalisch6 – dazu hat sie mich und ich sie von Herzen lieb – Gott gab uns auch Gesundheit und reichliches Auskommen, – dürfen wir nur dazu noch auf das Wohlwollen und Andenken unserer Freunde rechnen so fehlt nur gewiß nichts zu einem zufriedenen glücklichen Leben. Daß ich Sie, verehrtester Freund, unter meine nächsten und liebsten Freunde rechne, wissen Sie, entziehen Sie mir darum ihr freundschaftliches Andenken nicht, sondern rechnen Sie nur und zu jeder Zeit auf meine Bereitwilligkeit Ihnen meine herzliche Anfänglichkeit zeigen zu können. Ob es mir möglich sein wird in künftigen Sommer, wie ich mir so sehnlich wünschte, eine Kunstreise nach Cassel zu machen, kann ich jetzt nicht bestimmen und es könnte wohl seyn daß mich wie Sie in Ihrem letzten Briefe an mich andeuteten, triftige Gründe von einer solchen Reise abhielten die ich nunmehr auf keinen Fall allein machen möchte. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben und der liebe Gott wird uns ja wohl einmal eine Gelegenheit gönnen und froh und fröhlich wiederzusehen. Bis dahin behalten Sie, so wie Ihre liebe Frau, die ich von Herzen grüße – mich ein bischen lieb und denken Sie bisweilen meiner so wie der frohen Stunden die wir denn doch schon zusammen verlebten und hoffentlich noch verleben wollen. Haben Sie einmal Zeit und erinnern Sie sich gerade in solch einer müßigen Stunde meiner so schreiben Sie mir mit ein paar Worten wie es Ihnen geht – Sie glauben nicht was Sie mir und allen Ihren hiesigen Freunden damit für eine Freude machen – doch weiß ich auch recht gut daß Ihnen Ihre Zeit spärlich zugemeßen ist und behalten Sie darum gewiß eben so lieb auch wenn Sie mir nicht schreiben.
Von ganzem Herzen

Ihr
treuer Freund
CLAHollebengtNormann

Rudolstadt d. 12t 8br
1823.

Autor(en): Holleben, Anton von
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Belke, Friedrich August
Hasemann, Nicolaus
Holleben, Anton von
Holleben, Ida von
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Rudolstadt
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823101247

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Holleben, 13.04.1821. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Holleben an Spohr, 28.11.1838.

[1] Abk. f. „Herrn Preußischen Cammermusicus”.

[2] „hier“ über der Zeile eingefügt.

[3] Ausdruck in Klammern am unteren Bildrand eingefügt.

[4] Hier ein Wort gestrichen.

[5] Vgl. „[Unsere am 24sten v. M. vollzogene eheliche Verbindung]”, in: Leipziger Zeitung (1823), S. 1632.

[6] „auch musikalisch“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.03.2023).