Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,51

Herrn
Herrn Wilhelm Speyer
Wohlgeb.
Offenbach a/m


Cassel am 6ten October
23.

Geliebter Freund,

So unangenehm es mir auch ist, daß mein Besuch in Frankfurt und bey Ihnen durch die verspätete Aufführung der Oper1 weiter hinausgeschoben wird, so muß ich mich doch nun gedulden. Die Hauptveranlassung meiner Reise nach Frankfurt als Künstler bleibt immer die Oper, das Concert ist nur Nebensache. Es ist mir zu wichtig über die erste Aufführung der Oper, die außerhalb Cassels stattfinden wird, zu wachen damit sie nicht etwa wieder in Mißkredit komme. Denn obgleich ich nun an die bedeutensten Theater geschrieben habe und von München und Hamburg die Oper verlangt worden ist, noch ehe ich sie angetragen habe, so wird die Aufführung in Frankfurt, wenn sie wirklich bis zum ersten Januar zustande kommt, doch wohl noch die erste bleiben. Es ist mir daher zu wichtig alsdann gegenwärtig zu seyn und zweymal im Winter die Reise zu machen geht aus mancherley Gründen nicht wohl an. Haben Sie allso die Güte Guhr in meinem Nahmen zu bitten, daß er doch ja die Aufführung auf den ersten Januar zu Stande bringen und belegen Sie mir dann gefälligst einen Tag zum Concert wo möglich in den ersten 8 Tagen des Januar. Traurig ist es freilich, daß wir dann Ihre liebe Frau und die Ihrigen wenig werden sehen können; dafür denken wir Ihnen dann im Frühjahr, wo ich leichter abkommen kann und wo Ihr Offenbach wieder im Frühlingsschmuck ist, einen Besuch zu machen, wo wir dann ungastirt den Freuden des Beysammenseyns leben können.
Nun noch eins. Ich habe in dem Brief an Guhr2 vergessen, ihn zu bitten, daß er doch ja ein wachsames Auge auf die Partitur von Jessonda haben mag, damit die Kopisten oder der Souffleur nicht etwa eine Abschrift, ganz oder theilweise davon nehmen oder sich nicht jemand gelüsten lasse, einen Clavierauszug davon zu machen. Haben Sie doch die Güte ihm in meinem Nahmen das Vorstehende ans Herz zu legen. Ein vollständiger Clavierauszug wird binnen kurzem bei Peters erscheinen.
An Brandt habe ich geschrieben.3
Entschuldigen Sie das Monströse [dies]es Briefs mit der Eile in der ich ihn geschrieben habe.

Herzliche Grüße von uns allen
Unverändert stets der
Ihrige
L. Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Speyer, Wilhelm
Erwähnte Personen: Brand, Alexander
Guhr, Carl
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Jessonda
Erwähnte Orte: Frankfurt am Main
Hamburg
Kassel
München
Offenbach
Erwähnte Institutionen: Peters <Leipzig>
Stadttheater <Frankfurt am Main>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823100602

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Speyer an Spohr, 03.10.1823. Noch bevor Speyer antwortete, schrieb Spohr seinen nächsten Brief am 24.10.1823.

[1] Jessonda.

[2] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[3] [Ergänzung 13.12.2018:] Spohr an Alexander Brand, gleicher Tag.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.02.2016).