Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,213
Offenbach am 3 Octb 1823.
Theurer Freund!
Ich beantworte Ihren Brief vom 29. v. Mts. Die Oper1 ist wohlbehalten bei Guhr angekommen. Allein Sie sind in großem Irrthum, wenn Sie glauben, daß die erste Aufführung Mitte November statt finden könnte. – Guhr sagt, er wolle sich Mühe geben, um sie am ersten Januar zu geben, allein auch dieses scheint mir unbestimmt, da ich die hiesigen Verhältniße kenne. – Ich glaube vielmehr, daß es bis zur Ostermesse damit anstehen könnte, und gebe Ihnen daher zu überlegen, ob Sie Ihren Plan, Concert zu geben, nicht vor der Idee, bei der ersten Aufführung der Oper zu sein, trennen sollten. – Die günstigste Zeit zum Concertgeben, ist der gegenwärtige Monath, indem später das Publikum durch Ueberhäufung von Concerten gesättiget wird. – Zuvor wird Ihr großer Ruf hierin eine Ausnahme machen, allein es ist gewiß, daß auch für Sie, der gegenwärthige Monat (wegen der Bälle, Assemblées pp die später stattfinden) der günstigste ist. – Daß ein Concert, welches Sie jetzt geben würden, sehr brillant ausfallen wird, möchte ich wohl garantiren. – Auch soll von allen Seiten, Alles geschehen, um Ihnen die unangenehme Besorgung der Einrüstung zu entheben. – Noch ein Grund, der freilich nur uns betrifft, bestimmt mich, Ihnen die jetztige Zeit zum Hieherkommen, anzurathen. – Es liegt nämlich in der Natur der Sache, daß Sie und die Ihrigen bei uns in Offenbach wohnen, indem wir nur in diesem Falle uns des Zusammenseyns erfreuen könnten, da außerdem, wenn Sie in Ffurt wohne, wir höchst selten zusammen kommen können. Uebrigens finden Sie jeden Tag Gelegenheit für einige Zeit, Ihrer Geschäfte wegen nach Ffurt zu fahren, und da Alles Zuförderliche für das Concert im Voraus besorgt wird, so ist Ihre Gegenwart in Ffurt fast ganz unnötig. – Da nun meine Frau bis Ende December oder Anfangs Januar ihrer Niederkunft entgegensieht, so müßten wir, wenn Ihre Ankunft um diese Zeit fällt, des Vergnügens, Sie bei uns zu suchen, entbehren. Wie sehr dieses mir und meiner Frau schmerzlich wäre, bedarf keiner Betheurung. – Selbst eine geraume Zeit vor und nach jener Periode würden wir uns des Zusammenlebens nicht erfreuen können, und da es ungewiß ist, wann wir wieder auf solche erfreuliche Weise zusammenkommen, so hoffen wir, daß auch Sie womöglich hierauf Rücksicht nehmen werden. – Zur ersten Aufführung der Oper (welche gewiß nicht vor Frühjahr erfolgt) könnten Sie ja auf ein paar Tage hieherkommen.
Erwägen Sie alles genau, und melden mir folglich Ihren Entschluß. Die herzlichsten Grüße den lieben Ihrigen
von Ihrem wahren Frd.
WmSpeyer.
Erfreuen Sie den jungen Brand mit einigen Zeilen, über die gewiß gelungene Arbeit des Faust.2
Autor(en): | Speyer, Wilhelm |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Brand, Alexander Guhr, Carl Speyer, Charlotte |
Erwähnte Kompositionen: | Spohr, Louis : Faust Spohr, Louis : Jessonda |
Erwähnte Orte: | Frankfurt am Main |
Erwähnte Institutionen: | Stadttheater <Frankfurt am Main> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823100332 |
Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Speyer, 29.09.1823. Spohr beantwortete diesen Brief am 06.10.1823.
[1] Jessonda.
[2] Alexander Brand hatte Faust für Violine und Klavier bearbeitet (vgl. Rez. „Faust, romantische Oper in zwey Aufzügen, von Louis Spohr, eingerichtet für Pianoforte und Violine von Alex. Brand”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 26 (1824), Sp. 232).
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.02.2016).