Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr Wohlgeboren
Dem Herrn Kapellmeister L.
Spohr
in
Cassel.

frey.1


Meiningen den 25sten juni 1823

Wohlgeborner Herr!
Hochgeehrtester Herr Kapellmeister!

in Auftrag unseres Durchlauchsten Herzogs wage ich‘s, Sie mit einigen Zeilen zu inkommodiren. Mein Bruder2, welcher bey unserm Herzog darum angesucht hat, wünscht bey Ihnen in Cassel einige Monate zuzubringen, um Ew. Wohlgeboh. Unterricht zu genießen. Der Herzog, welcher ihm dieses Gesuch gleich bewilligte, äußerte seine Freude darüber, und läßt Ew. Wohlgeboh. nebst vielen Empfehlungen, sehr bitten, wann es ihnen noch möglich wäre, ihn doch anzunehmen. Auch mein Bruder, welcher sich ihnen vielmals empfiehlt, läßt Sie sehr dringend ersuchen, ihm seine Bitte nicht zu versagen. Sollte es vielleicht der Fall seyn, daß Ew. Wohlgeboh. ihn jetzt nicht annehmen könnte, so bin ich doch von Ihrer Güte ueberzeugt, daß Sie es ihm in Zukunft nicht ganz abschlagen werden, sondern eine Zeit alsdann bestimmen, wann es Ew. Wohlgeboh. am gelegensten ist. Aber am liebsten würde es dem Herzog, und auch ihm seyn, wenn er diesen Sommer noch von Ihnen profitieren könnte, indem wir diesen Sommer nichts auf dem Liebenstein zuthun haben, und der Herzog wünscht, daß wir im Winter alle beisammen seyn möchten. Auch bietet sich jetzt eine schöne Gelegenheit für ihn dar, mit meinem Vater3 aus Göttingen, welcher gegenwärtig hier ist, und sich Ew. Wohlgeboh. vielmals empfehlen läßt, die Reise dorthin anzutreten, welches mir außerordentlich lieb wäre, indem ich dann doch um sein sicheres Zuhauskommen nicht gefährdet bin. Mein Vater wird solange hier bleiben, bis ich eine Antwort von Ihnen erhalten habe. Sollte diese unsern Wünschen entsprechen, so wird sich mein Vater mit ihm gleich auf die Reise begeben, und dann nicht ermangeln, seine Aufwartung zu machen.
Ano 1821 im junius hatte ich auch das Glück, in Cassel angestellt zu seyn, und hatte auch schon die Zeit bestimmt, wann ich dort eintreffen sollte.4 Aber die damaligen Umstände schienen mir nicht ganz vortheilhaft, und da mir hier eine gute Zulage geboten wurde, so entschloß ich mich wieder hier zu bleiben. Ueberhaupt scheint es unter der damaligen Direction des Herrn Benzon mehr rükwärts als vorwärts zu gehen, und er kabalisirte gegen die Leute, wo er nur konnte, weshalb ich mich schon bewogen fühlte, diese Anstellung wieder abzulehnen. Es fehlte nicht an Mitteln, eine gute Kapelle zu arrangiren, aber der Anfang damit wurde gleich in unrechte Hände gegeben. Damals konnte ich mir auch nocht nicht leicht denken, daß das Orchester unter eine solche vortreffliche Leitung, wie jetzt kommen würde, sonst würde ich dann ganz gewiß diese Stelle nicht aufgegeben haben. Schließlich muß ich Sie bitten, mich davon in Kenntniß zu setzen, wieviel auf eine Zeit von 4 bis 5 Monaten das Honorar für den Unterricht beträgt, und wie viel Stunden er monatlich bekommen kann.
in der Hoffnung, einer baldigen erwünschten Antwort entgegen zu sehen dürfen, empfiehlt sich

Ew Wohlgeboren
ganz ergebenster Diener
G. Knop.
Cammermusicus.
Violoncellist.5

Autor(en): Knoop, Georg
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Benzon, Siegfried
Bernhard II Sachsen-Meiningen, Herzog
Knoop, Wilhelm
Knop, Conrad
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Kassel
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Hofkapelle <Meiningen>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823062544

Spohr



Spohrs Antwortbrief ist derzeit verschollen.

[1] Rechts oben befindet sich auf dem Adressfeld der Poststempel „MEININGEN / 25 JUN 18[23]“.

[2] Wilhelm Knoop.

[3] Conrad Knop.

[4] Vgl. Conrad Knop an Spohr, 28.03.1822.

[5] Am unteren Seitenrand befindet sich – vermutlich von Spohrs Hand – die Notiz „64 Rth. / 130 Rth.“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (22.06.2021).