Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Druck: Klaus Martin Kopitz, Der Düsseldorfer Komponist Norbert Burgmüller. Ein Leben zwischen Beethoven - Spohr - Mendelssohn, Kleve 1998, S. 157 (teilweise)

An
den Herrn Capellmeister
Spohr.
Wohlgeboren
in
Cassel.1


Weimar d 30ten May
1823

Sehr geehrter Herr Capellmeister!

Erst dieser Tage erhielt ich von hiesiger Intendanz den bescheid, daß ich mit Ende Juny, wo hier die Bühne geschlossen wird, Weimar verlassen kann, ich habe sonach die Ehre Ihnen diese Nachricht mit Vergnügen zu geben, indem ich Ihren Wunsch, mich früher in Cassel zu sehen, dadurch erfüllen kann. Von meiner Seite wünsche ich nur auch Ihrer Erwartung zu entsprechen, damit ich mich des Beifalls und der allgemeinen Zufriedenheit zu erfreuen habe, ich schmeichle mir dazu einigermassen den Weg zu bahnen, wenn ich zu erst im Oberon auftreten kann, erscheint gewissermasen mein Schutzgott zu sein, denn überall hatte ich das Glück durch ihn eine günstige Aufnahme zu finden2, meine kleine Figur wird darin um so eher entschuldigt, zugleich habe ich da auch gelegenheit meine hohen Töne, wenn ich darauf einen Werth legen darf, hören zu lassen, nochmals wiederhole ich also meine recht innige Bitte an Sie verehrtester Herr Capellmeister, diese Oper gefälligst zuerst ansetzen zu lassen.3
Eine bestimmte Zeit meines dortigen Eintreffens habe ich vorher noch die Ehre Ihnen genauer anzuzeigen, noch weiß ich nicht genau wie ich meine Reise machen werde, mein Vater hat mir zwar Versprochen mich hinzubegleiten, was aber ungewiß ist; Herr Oels der sich Ihnen so wie dem H. G.4 Direktor Feige bestens anempfiehlt, würde mich vielleicht auch nach Cassel hinbringen, besonders wenn er eine Aussicht hätte bei dieser Gelegenheit einige Rollen zu spielen. Könnten Sie Herr Capellmeister vielleicht unter der Hand von H. G. Direktor erfahren ob ihm dazu eine Hoffnung vergönnt sey? Dann würde er sich selbst schriftlich an den Herrn G. D. wenden, dieß sollte mir sehr angenehm sein und würde meinen Abgang von hier erleichtern. Vielleicht habe ich bald das Vergnügen wieder einige Zeilen von Ihnen zu sehen, bis dahin habe ich die Ehre mich Ihnen bestens zu empfehlen mit der bitte mir Ihre stete Wohlgewogenheit gütigst zu erhalten.
Mit Hochachtung Ihre ergebenste Dienerin.

Sophie Roland

Autor(en): Roland, Sophie
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Feige, Karl
Oels, Karl Ludwig
Roland, Anton
Erwähnte Kompositionen: Wranitzki, Paul : Oberon
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Hoftheater <Weimar>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823053043

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Roland an Spohr, 08.11.1822.

[1] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „WEIMAR / 2 IUN. 1823”, auf der Rückseite des zusammengefaltenen Briefumschlags befindet sich der stark verwischte Stempel „[??? J]UNY1823”.

[2] Vgl. „Strassburg”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 23 (1821), Sp. 398-405, hier Sp. 400; „Aus Weimar”, in: Zeitung für die elegante Welt (1821), Sp. 327

[3] Zu Rolands Kasseler Debüt mit Wranitzkis Oberon vgl. „Cassel”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 25 (1823), Sp. 708ff., hier Sp. 708f.; „Aus Cassel. Am 1. August”, in: Der Freimüthige 20 (1823), S. 132; „Mannigfaltigkeiten aus der Nähe und Ferne”, in: Der Kranz, oder: Erholungen für Geist und Herz 3 (1823), S. 140.

[4] Offensichtlich Abk. f. „General”.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.03.2023).