Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,44

Sr. Wohlgeb.
Herrn Wilhelm Speyer
in
Offenbach a/m
 
 
Cassel am 20sten April
23.
 
Geliebter Freund,
 
Nehmen sie meinen besten Dank für Ihre Bereitwilligkeit, mir die 7000 fl zur bestimmten Zeit übermachen zu wollen. Ich bitte Sie, es mir in den letzten Tagen des Juni hier auszahlen zu lassen. Sollten Sie aber vorziehen, daß ich alsdenn einen Wechsel auf Sie stellte, so würde ich dabey, glaub ich, noch gewinnen, indem ich bey jetzitgem Cours vom hiesigen Banquier für die 7000 fl 4044 rth Preußische Courant bekommen könnte. Doch machen Sie das wie es Ihnen am bequemsten ist. – Seit meinem Briefe hat sich die Kaufangelegenheit noch so verändert, daß ich das Haus und den Garten sogleich zu meiner Disposition bekommen habe und in diesem Augenblick schon bauen lasse. In 4-5 Wochen hoffe ich, wird alles beendigt seyn und dann können wir noch in der schönsten Jahreszeit einziehen. Bis Zahlung muß ich dem bisherigen Besitzer Miethe zahlen; doch kann ich natürlich alles sogleich nach meiner Fantasie einrichten lassen.
Mein Doppel-Quartett ist fertig und ich werde Ihnen nächstens die Partitur zuschicken, von der Sie sich dann eine Copie in Stimme oder Partitur können machen lassen. Ich bin sehr begierig es zu hören und werden Ihnen melden wie ich den Effekt gefunden habe.
Es würde mich sehr freuen, wenn meine neue Oper1 nach hier, zunächst in Frankfurt gegeben würde und ich würde auf jeden Fall zur ersten Aufführung hinreisen. Doch dürfte es vor dem 28sten July nicht seyn, da hier die Oper an diesen Tagen zum Geburtstage des Kurfürsten das erste Mal gegeben werden wird. Am schicklichsten wäre die erste Aufführung in Frankfurt wohl in der Herbstmesse als 1stes Abonnement suspendu. – Wollen Sie die Güte haben mit Guhr darüber zu reden, so sagen Sie ihm doch auch, daß ich von dieser Oper keine Abschrift unter 20 Louisd'or verkaufen würde und daß ich sicher gestellt werden müsse1a daß [von] Frankfurt aus nicht gleich, wie von mein[en an]dern Opern2, eine Abschrift in die Hände des spitzbübischen Partituren-Händlers Zulehner in Mainz käme, der die Unverschämheit so weit treibt, daß er unserem Theater nebst vielen anderen gestohlenen Partituren sogar meine beiden eigenen zum Verkauf anträgt. – Bey dieser Gelegenheit bitte ich Sie, Guhr auch noch einmal zu erinnern, daß er nur endlich die Stimmen von Idomeneo wieder zurück sende. Ich bin dafür verantwortlich und werde seiner Nachlässigkeit wegen Verdruß haben. – Die herzlichsten Grüße von uns allen. Stets Ihr Sie liebender Freund
 
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Speyer, Wilhelm
Erwähnte Personen: Guhr, Carl
Zulehner, Carl
Erwähnte Kompositionen: Mozart, Wolfgang Amadeus : Idomeneo
Spohr, Louis : Doppelquartette, op. 65
Spohr, Louis : Jessonda
Erwähnte Orte: Frankfurt am Main
Kassel
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Stadttheater <Frankfurt am Main>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823042002

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Speyer an Spohr, 08.04.1823. Der nächste Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Speyer, 17.05.1823.
 
[1] Jessonda.

[1a] [Ergänzung 06.03.2023:] Sic!
 
[2] Vgl. Spohr an Speyer, 23.09.1822.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (16.02.2016).