Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Schade, J.G.:05
Hochverehrter
herzlich geschäzter Freund.
Da es Ihnen gewiß angenehm seyn wird von ihrem lieben Zögling Gerke einige Nachricht zu erhalten, so melde ich Ihnen: Herr Gerke kam zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkte hier an, der Tod des Herrn Praesidenten von Studnitz hatte schon den ganzen Hof verstimmt, hiezu kam noch das General Anthing auf der Bahre lag, den der Herzog, (welcher sich selbst krank fühlte) oft bey sich sahe; Es war also an eine Musik bey Hofe nicht zu denken, der Herr Graf, welcher ihren Empfehlungen gern entspricht, wenn es auch eine Tomaswunsche(???) ist, vermittelte es, daß H. Gerke in der Steinmühle in zwey Zwischenakten spielte, wo er ihren Potpourri aus B dur und den lezten Satz ihres neuesten Conzerts in D. mit vielem Beyfall vortrug. Leider konnte man nicht mehr in der Chatulle entberen als 3 fr.d‘or. H. G. reisete so gleich nach Meiningen ab und hinterließ mir viele Grüße an Sie und die lieben Ihrigen, denen ich die meinigen gütigst beyzufügen bitte. Der Herr Graf wird Sie hoffentlich bald besuchen; könnte ich doch mit ihm reisen.
Gestern gab der Baßsänger von Fischer eine Soiree in der Steinmühle wo er nebst seiner Nichte1 mehrerer lustiger Sachen von Rossini und die alte Romanze: Zu Steffen sprach pp2 nebst der heiligen Hallen3 mit vielem Beyfall vortrug; seine nähere Bekanntschaft suchte ich nicht zu machen da mir seine gegen Sie bewiesene Flegeleyen4 erinnerlich waren; Seine Nichte gefiel nicht allgemein.
Mittwoch den 19 Mittag punkt 3 werde ich mit den Brüdern in Erfurt ihrer gedenken und eine Kanone starken Pulvers auf ihr Wohl abfeuern.5
Gott erhalte Sie!
Schade
Gotha
am 14 Febr 1823
Autor(en): | Schade, Johann Gottfried |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Anthing, Carl Heinrich Wilhelm von Fischer, Joseph Fischer-Maraffa, Anna Friedrich IV. Sachsen-Gotha-Altenburg, Herzog Gerke, Otto Salisch, Carl Heinrich von Studnitz, August von |
Erwähnte Kompositionen: | Mozart, Wolfgang Amadeus : Die Zauberflöte Spohr, Louis : Konzerte, Vl Orch, op. 55 Spohr, Louis : Potpourris, Solo-Vl Vl 1 2 Va Vc Kb, op. 22 Umlauff, Ignaz : Der Irrwisch |
Erwähnte Orte: | Erfurt Gotha Meiningen |
Erwähnte Institutionen: | Theater in der Steinmühle <Gotha> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823021439 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schade an Spohr, 18.12.1822. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schade an Spohr, 26.02.1823.
[1] Fischers Pflegetochter Anna Fischer-Maraffa.
[2] „Umlauff (Ign.) [...] Operetten: [...] der Irrwisch, in welchem die Baßparthie und berühmte Baßarie: ,Zu Steffen sprach im Traume‘ eigends für den famosen Hofsänger Joseph Fischer geschrieben“ (A[ugust] Gathy, Musikalisches Conversations-Lexikon. Encyklopädie der gesammten Musik-Wissenschaft für Künstler, Kunstfreunde und Gebildete, Hamburg 1840, S. 478).
[3] Arie aus Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart.
[4] Noch nicht ermittelt.
[5] Der 19.02. war der Stiftungstag der Loge „Carl zu den drei Adlern“ (vgl. [Adolph] Scholtz, Geschichte der ger. und vollk. St. Joh.-Freimaurerloge Carl zu den drei Adlern im Or. Erfurt Tochterloge der Gr. N.-M.-L. zu den 3 Weltkugeln im Or. Berlin, [Erfurt 1912]).
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (13.02.2018).