Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Verehrter Herr Kapellmeister!

Der erste Hornist der hiesigen Kapelle, Herr Hofmusikus Hey, welcher erfahren hat, daß ich vor wenig Tagen so glücklich war, Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen, bittet mich, bei Ihnen schiftlich anzufragen, ob das Gerücht gegründet seyn, daß in Ihrer Kapelle die Stelle eines Hornisten besetzt werden solle. Ist die der Fall, so empfiehlt er sein Gesuch um diese Stelle Ihrer Protektion. Der Suchende ist vollkommen gesund und kräftig, erst 32 Jahr alt, hat aber schon seit 16 Jahren in hiesiger Kapelle Dienste geleistet, und ist, wenn auch nicht gerade ausgezeichneter Virtuos auf seinem Instrumente, soch sehr brauchbar und in jeder Beziehung gut und brav. – Ein besondres Interesse erregt dieser Mann durch eine Erfundung, die, wenn sie duch höhere Unterstützung, woran es ihm hier bis jetzt fehlt, der Vollendung näher gebracht wird, don dem größten Einfluß auf die Behandlung der Messinginstrumente seyn wird. Es ist ihm nemlich nach vielen Versuchen gelungen, die Idee wirklich auszuführen, daß ein Mechanismus, die gestopften Töne zu verbessern, nur dann Werth habe, wenn durch ihn die vollkommenste Gleichheit aller Töne mit höchster Leichtigkeit und Genauigkeit errecht werde, dies aber nur dann möglich sey, wenn die mechanische Vorrichtung ein Fhorn z. B. im Augenblicke gleichsam zum Fishorn umwandle, um nun fis, gis, ais usw. natürlich, leicht und rein angeben zu können. Wie gesagt, Hr. Hey hat wirklich schon ein solches Horn, um dessen willen er drechseln, in Messing arbeiten und manches Andre lernen mußte, verfertigt und dieses Horn gab von Contra B bis zweigestrichen f alle Semitonien vollkommen natürlich an – und bliebs Hr Hey z. B. Contra B, D. F, B d f b, uws. oder Contra H, dis, Fis usw. und ähnlich in den Tonarten C, Des, D …. G, As, a, so glaubte man immer ein natürliches B H, C ….G, As A horn zu hören. – So gelungen mir und Andern auch schon die Erfindung in der Ausführung schien, so war doch Hr. Hey nicht damit zufrieden und eben jetzt ist er damit beschäftigt, ein anderes ähnliches, doch vollkomneres Instrument zu Stande zu bringen. Da seine Erfindung von der Art ist, daß sich auch leicht auf Trompete und Posaune angewad werdt werden kann, worüber Versuch anzustellen jedoch Hr. Hey durch seine beschränkten ökonomischen Verhältnisse verhindert ist, so gewinnt die offenbar noch weit mehr an Interesse.
Ihnen, verehrter Herr Kapellmeister, diesen jungen Mann zu empfehlen, wie er es wünschte habe ich für Pflicht gehalten und hoffe von Ihrer Güte Verzeihung für diese meine Freiheit. Wollen Sie, wenn wirklich in Ihrer Kapelle ein Hornist fehlt, sich wegen Hrn. Hey anderwärts erkundigen, so bitte ich Sie angelegentlichst, mich nicht als die Veranlassung zu nennen, weil es mir hier leicht Verdruß machen konnte, eben jetzt, da man noch sehr böse wegen Demois. Roland ist, deren Kontrakt Unterhandlungen mit Kassel man ohne Ursache zum Theil auch mir zur Last legt.
Ich nenutze diese Gelegenheit, Sie meiner höchsten Achtung zu versichern. un habe die Ehre zu seyn

Ew. Wohlgebn.
geh. erg. Diener
A.F. Häser.

Weimar 11 Januar 1823.

Autor(en): Häser, August Ferdinand
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Hey, Johann Heinrich Wilhelm
Roland, Sophie
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Weimar>
Hoftheater <Weimar>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1823011144

Spohr



Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Häser an Spohr, 23.02.1823.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (03.04.2023).