Sophie Roland an Louis Spohr in Kassel

Sehr geehrter Herr Capellmeister!

Einige neue Parthien in Opern und Stücken, namentlich die Liebli im Alpenrößlein¹, verhinderten mich auf Ihr geehrtes Schreiben sogleich zu antworten, weßhalb ich sehr um Entschuldigung zu bitten habe. Die Zeit wo ich mein hiesiges Engagement verlassen könnte wäre höchstens Anfangs September 1823. bis dahin lautet mein Contrakt, dessen ich mich als dann mit 6 Monatlicher Aufkündigung entbinden kann. Vor Vertrauen auf Ew. Wohlgeboren so wie auf dortige hochlöbliche Intendanz, wage frey zu äußern, daß ich zwar alle ursache habe mit meiner hiesigen Situation zufrieden zu sein, doch jederman, besonder der junge Künstler, hat nach Verbesserung jeder Art zu streben; so würde mir dann auch eine Bühne wo mit so viel Sinn und Eifer für die Kunst gehandelt wird willkommen sein. Ich kenne übrigens die dortigen Verhältniße in ansehung der Gehalte, länge der Contrakte und Bedingungen nicht, um eine Forderung oder Vorschrift zu machen, vielmehr wollte ich deßhalb Bitten, mich davon einigermaßen in Kenntniß zu setzen, worauf ich allensfalls zu rechnen hätte, was ich so dann meinen Eltern die in Augsburg sind mittheilen würde, um ihren Willen darüber zu vernehmen. Bis zur Zeit meiner Aufkündigung, sind noch 5 Monate; ist es Ihnen nicht zuwider, so können wir uns in dieser Zeit gegenseitig näher bestimmen und erklären.
In der angenehmen Hofnung Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen, habe ich die Ehre zu sein

Ihre ergebenste Dienerin
Sophie Roland

Weimar d 8^t November 1822.