Sophie Roland an Louis Spohr in Kassel

Geehrter Herr Capellmeister!

Sehr schmeichelhaft war mir Ihre geehrte Zuschrift worin ein Anerbieten bei Ihrer jetzt so hochgeschätzten Bühne eröffnet wird; mit bedauern muß ich aber erwidern, daß mein hießiges Engagement, laut Contrakt, noch bis Michaelis¹ 1823 gestellt ist, was also wohl die beantwortung der übrigen Punkte, die Ihre hochlöbliche Intendanz von mir zu wissen wünscht überflüssig macht; Wohl kann ich aber auch sagen, daß gerade diese Rollen als Agathe im Freischütz, Page im Figaro, Zerline im D. Juang² mein fach sind, doch habe ich hier auch den Oberon, Mirha im Opferfest, die Königin der Nacht in der Zauberflöte und soweiter gesungen. Sollte in Jahresfrist eine Stelle bei Ihrer Bühne für mein geringes Talent vacant sein, und das günstige Schicksal mich dorthin führte, so würde ich mich glücklich schätzen unter der Leytung eines so würdigen allgemein geschätzten Herrn Capellmeister zu stehen, darin ich die Ehre habe mich in jeder Hinsicht mit aller Hochachtung bestens zu empfehlen
als

Ihre ergebenste Dienerin
Sophie Roland.

Weimar d. 15^t Oct.
1822