Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Sr. Wohlgebohren
dem Herrn Capellmeister Spohr
zu
Cassel
frco.1
Catlenburg bey Northeim d 6ten October
1822
Mein hochverehrtester Freund!
Schon lange hat uns die größte Sehnsucht erfüllt, Sie und die lieben Ihrigen nach glücklicher Begründung so naher Nachbarschaft endlich ein Mahl wieder zu sehen! Der Strudel von Geschäften aller Art, in welchem ich lebe, hat es aber bis jetzt nicht zugelassen. – Sehr aber wünschen wir im Laufe des Herbstes, und wohl am liebsten noch in diesem Monathe, nun doch noch eine Ferienreise nach Cassel zu vollbringen, wenn Sie genemigen wollten, mir einen Zeitpunkt zu bestimmen, wo wir etwas schönes zu hören hoffen dürften. Denn warum sollte ich Ihnen verhelen, daß neben der freudigen Sehnsucht des persönlichen Wiedersehens und der zu erhaltenden Ueberzeugung Ihres innern und äußern Ergehens in der neuen dortigen Lage, uns doch auch die Sehnsucht beseelt, ein Mahl wieder etwas Großes und Schönes unter Ihrer geistvollen Direktion zu hören, wie auch vielleicht den Genuß eines geist- und gemüthvollen Quartettchens davon zu tragen? –
Wie viel wir noch in der Rückerinnerung jener herrlichen Tage gelebt, welche Sie uns hier schenkten2, mit welch’ hoffnungsvoller Theilnahme wir Ihre Bestellung in dem benachbarten Cassel vernommen, und wie uns so erst das Herz gebluthet, noch immer nicht hinüber kommen zu können und doppelt, als unser Vetter3 von Northeim4 neulich zur Messe hinüber gieng und die Wunder uns erzählte, die er unter Ihrer Direction gehört, – das alles vermag ich Ihnen nicht auszusprechen! –
Hoffentlich wird in der Folge, bey vielleicht gegenseitig ruhigerer Lage, unsere Nachbarschaft uns gegenseitig noch genußreicher, als sie es diesen, für mich, und wahrscheinlich auch für Sie, so unruhigen Sommer hindurch noch gewesen ist. – Ich denke, es lassen sich noch zuweilen Verabredungen treffen, welche Sie und die lieben Ihrigen mit einem und dem andern entfernten Freunde zu einem ländlichen Rendez-Vous auf unserer freundlichen Burg zusammen führen! –
Meine Frau empfiehlt sich Ihnen und Ihrer lieben geistvollen Gemahlin mit mir vorläufig so herzlich und angelegentlich als
gehorsamst.
CFLueder.
Autor(en): | Lueder, Christian Friedrich |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Katlenburg |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1822100635 |
Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Lüder an Spohr, 10.01.1834. Möglicherweise gehört in der Zwischenzeit ein nur im Druck überlieferter, an einen unbekannten Empfänger gerichteter Brief von Spohr aus dem August 1827 zu dieser Korrespondenz.
[1] Rechts über dem Adressfeld befinden sich die Poststempel „7 / OCT.“ und „NORTHEIM“; rechts unter dem Stempel „[1]0(?) OCTO 1822“.
[2] Vgl. Spohr an Wilhelm Speyer, 26.08.1821
[3] Noch nicht ermittelt.
[4] Hier gestrichen: „de“.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (11.09.2020).