Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr. Wohlgeboren
dem Herrn Kapellmeister Spohr
Cassel


Gerdeshagen 17 Augs. 1822.

Sehr geehrter Herr Kapellmeister!

Es war mir sehr unerwartet wie ich vor einiger Zeit meines Sohnes Erklärung erhielt, daß er nur mit dem größten Widerwillen bey der Landwirthschaft bleiben würde, und sich ganz der Musik zu widmen wünschte. Ich wußte zwar daß er sich viel, und mehr mit der Musik beschäftigte wie ein gewöhnlicher Dilettant, welches mir um so mehr Freude machte, da bey dem Landmann sich so manche müßige Stunden finden, die er gewiß nicht besser verrichten konnte, und seine Berufsgeschäfte durchaus dabey nicht vernachläßigt wurden. Jedoch überraschte mich sein Entschluß, der mit der dringenden Bitte um meine Einwilligung, und sich an Sie wenden zu dürfen, seine fernere Ausbildung zu übernehmen, begleitet war. Nach reiflicher Ueberlegung glaubte ich ihm meine Zustimmung nicht versagen zu dürfen, und wie gern widerhole ich Ihnen meine in Altona gegebene mündliche Erklärung, daß ich diesem geliebten Sohn keinem Ihrer Kunstgenoßen mit dem Vertrauen hingeben mögte, wie Ihnen. - Er ist ein Jahr nun aus entfernt gewesen, und wir haben ihn Gottlob in Körper und Seele gesund und gut wieder erhalten. Er war, wie mir mein Freund1 schreibt, der Liebling des Hauses, und sie verlieren ihn dort sehr ungern, und so hoffe ich daß auch Sie ihn bey näherer Bekanntschaft lieb gewinnen werden. Ich vereinige allso meine Bitte mit der meines Sohnes, für sein dortiges Unterkommen gütigst die Sorge zu übernehmen, und wenn es möglich ist so mögte ich auch daß er in einem Privat Hause speisen könnte, welche wie ich glaube in oekonomischer und auch anderer Rücksicht besser ist.
Nach meinen besten Kräften werde ich meinem Sohn so lange unterstützen bis seine Ausbildung so weit vollendet ist daß er solcher nicht mehr bedarf, und ich habe das feste Vertrauen daß er bey angestrengtem Fleiße unter Ihrer Leitung bald dahin kommen wird. So gerne wir ihn auch noch länger bey uns behalten mögten so ist es doch wohl für seine künftige Bestimmung besser sich bald zu Ihnen zu begeben, und wenn sich meine Wünsche mit Ihrer Einrichtung vereinen laßen so mögte ich daß dies um Michaelis2 geschehen könnte.
Nach der herzlichsten Empfehlung von meiner Frau und mir an Sie und Ihre Frau Gemahlin verbleibe ich hochachtungsvoll

Ihr
ganz ergebenster
C.F Mühlenbruch

Autor(en): Mühlenbruch, Caspar Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Eckard, Christian Detlev
Mühlenbruch, Heinrich
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Altona
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1822081740

Spohr



Dieser Brief lag offensichtlich dem Brief Heinrich Mühlenbruch an Spohr, 18.08.1822 bei.

[1] Heinrich Mühlenbruch war zu seiner landwirtschaftlichen Ausbildung auf dem Gut von Christian Detlev Eckard in Wittmoldt bei Plön (vgl. Heinrich Mühlenbruch an Spohr, 13.07.1822).

[2] 29.09.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.07.2019).