Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Druck 1: Edmund Spohr, „Louis Spohr und Amalie von Sybel. Ein Beitrag zur Musikgeschichte Düsseldorfs und zur Geschichte der Niederrheinischen Musikfeste”, in: Louis Spohr. Festschrift und Ausstellungskatalog, hrsg. v. Harmut Becker und Rainer Krempien (= Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Ausstellungskatalog 22), Kassel 1984, S. 91-104, hier S. 94 (teilweise)
Druck 2: Klaus Martin Kopitz, Der Düsseldorfer Komponist Nobert Burgmüller. Ein Leben zwischen Beethoven - Spohr - Mendelssohn, Kleve 1998, S. 119f.

Sr Hochwohlgeboren
Herrn Kapellmeister
Spohr
in
Cassel.


Düßeldorf d 5ten Juli 1822.

Hochwohlgeborner Herr Kapellmeister!

Bei den großen Ehrenbezeugungen und häufigen Bekanntschaften, welche Sie auf Ihren bedeutenden Reisen erhalten, muß ich bezweifeln, so glücklich zu seyn, daß Sie sich meiner noch zuweilen errinnern.1 Da Sie aber meinen Geist, durch Ihre hohe Kunst, so an sich gezaubert haben, daß er sie auf allen Schritten begleitet, so wage ich es vertrauungsvoll auf Ihren hohen biedern Charackter bauend, Sie mit gegenwärtiger Schrift zu belästigen, welche auf die Gewährung einer großen Bitte bezug hat. Ueberbringer dieser Schrift ist ein braver, talentvoller Künstler2 aus unserer Nachbarschaft, welcher, so oft er nur Ihren Nahmen nennen hört, von so hoher Gluth entflammt und in höhere Regionen der Kunst geleitet wird, so daß er keine Ruhe mehr hat, bis er Ihnen dies selbst ausdrücken kann. Um dieses nun ganz in seiner hohen Würde zu vermögen, hegt er den kühnen heißen Wunsch, daß Sie die große Güte haben mögten, ihn durch einigen Unterricht auf die Bahn zu leiten, wie Sie die himmlischen Tonreihen vorgetragen haben wollen, damit er fähig werde, durch jeden Ton der ganzen Welt zuzurufen: „So hat es der große Spohr gewollt.” Er war schon so glücklich, als Sie hier vor einigen Jahren durchreißten, Ihre flüchtige Bekantschaft zu machen, und Sie persönlich darum zu bitten, worauf Sie ihm gütigst erwiederten, er möge, sobald Sie sich wieder irgendwo fixirt hätten, mal zu Ihnen kommen. Können und wollen Sie nun jezt unsre vereinte Bitten erhören, so bin ich überzeugt, daß Sie Ihren hohen Unterricht an keinen Unwürdigen verschwenden werden, sondern sein einziges Bestreben wird gewis sein3 Leben lang dahin zielen, Ihnen dankbar seyn zu können.
Auch ich rufe bei dieser Gelegenheit, meine Bekanntschaft in Ihrem Gedächtniß zurück, mit der wiederholten Versicherung, daß ich stolz seyn werde, wenn Sie mir Gelegenheit geben, irgend einen Ihrer Wünsche erfüllen zu können.
In der angenehmen Hoffnung, daß Sie, Ihre Frau Gemahlin und Kinder (an denen ich und meine Gattin uns zu empfehlen bitte) sich noch recht wohl befinden, habe ich die Ehre, mit aller Hochachtung zu verbleiben

Ihr
gehorsamster Fr. u Diener
Burgmüller

Autor(en): Burgmüller, August
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Kufferath, Johann Hermann
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Düsseldorf
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1822070540

Spohr



[1] Das Ehepaar Spohr konzertierte am 32.09. und 06.12.1817 in Düsseldorf (vgl. Druck 1).

[2] Druck 1 identifiziert hier ohne nähere Begründung mit dem aus dem 30 km von Düsseldorf entfernten Mühlheim stammenden Johann Hermann Kufferath. Neben Druck 2 übernimmt diese Identifikation auch weitere Literatur (Ronald Dürre, Louis Spohr und die „Kasseler Schule”. Das pädagogische Wirken des Komponisten, Geigenvirtuosen und Dirigenten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Phil. Diss. Magdeburg 2004, S. 159; Geerten Jan van Dijk, Johann Hermann Kufferath (1797-1864). Muziekdirecteur te Utrecht, Masterarbeit Utrecht 2008, S. 20; Klaus Wolfgang Niemöller, „Louis Spohr und die Musikfeste im Rheinland. Der Oratorien-Komponist und Musikfest-Dirigent in den musikkulturellen Kontexten der Aufführungen“, in: Die Oratorien Louis Spohrs. Kontext – Text – Musik, hrsg. v. Dominik Höink, Göttingen 2015, S. 103-130, hier S. 110). Dafür spricht, dass dieser im gleichen Jahr bei Spohr sein Studium begann. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass es sich um einen anderen, von Spohr nicht als Schüler angenommenen Violinisten handelt.

[3] Hier gestrichen: „Lebelang“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.07.2019).