Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Meiningen, d 25 May, 1822

Lieber Herr Kapellmeister,

Schon so lange sehe ich mit Sehnsucht einem Briefe von Ihnen entgegen, aber beides vergebens, – Bitte, schreiben Sie mir doch bald wenigstens einige Zeilen. – Ihre Irländischen Variationen haben dem Herzog die größte Freude gemacht, u Ihre Ouvertüre zu Faust – von der ich bis jetzt 2 Proben aber noch keine Aufführung machte, – hat alle Musiker hingerißen vor Entzücken; wenn ich nur den Ton von 10 Geigen aus meinem Instrumente bey diesen Götterwerke ziehen könnte. Durch den1 jungen Nohr aus Gotha, welcher in einigen Tagen hier ankommen wird um durch Ihren Schüler Ihre Lehren zu genißen wird die Anzahl unserer Violinisten doch wenigstens um einen vermehrt; ich hab auch jetzt einen Hornisten2 an Hildebrand’s Stelle3 engagirt; der ganz vorzüglich ist u. durch seine Präcision und Kraft am Ton alle Bläser zusammen hält. –
Bevor ich Ihre Irländer Variationen bey Hofe spielte, spielte ich als Gegensatz die Schweizervariationen von Lafont.
Der Theaterdirector Gerlach in Liebenstein fragt bey mir an u. bittet mich ob ich nicht vielleicht durch Sie die Partitur vom Barbier von Sevilla von Rossini bekommen könnte. Können Sie mir vielleicht solche in Cassel kopiren lassen? – Bitte beantworten Sie mir bald diese Fragen und fügen dann noch so viele Nachrichten als nur möglich über Sie, Ihre Frau und Kinder und unsere Kunst hinzu.
Ein herzliches Lebewohl sage ich Ihnen und tragen4 Ihnen noch viele, viele, viele, Grüße an Ihre ganze Familie auf.

Mit inniger Liebe
Ihr Eduard Grund.



Der letzte erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Grund an Spohr, zwischen 15. und 31.12.1821. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Grund an Spohr, 16.06.1822.

[1] Hier drei Buchstaben gestrichen.

[2] Noch nicht ermittelt.

[3] Friedrich Christian Hildebrandt welchselte 1822 in die Hofkapelle in Kassel (vgl. Maren Goltz, Musiker-Lexikon des Herzogtums Sachsen-Meiningen (1680-1918), Meiningen 2012, S. 157).

[4] Sic!

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (25.05.2022).