Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

An
den Kurfürstl. Hess. Kapellmeister und
Musikdirecktor Herrn L. Spohr.
Wohlgeboren
in
Cassel.

freieß G.(???)1


Coblenz den 28. Apr. 1822.

Ew. Wohlgeboren

wollen mich gütigst entschuldigen, wenn ich Sie mit einer Bitte behellige, die Sie wenn auch nur auf Augenblicke Ihren Geschäften entginge. ich bin nehmlich seit einem Viertel Jahre, größtentheils aus meiner Liebe zur Tonkunst, der Errichter und Beistzer einer Musikalien Leihanstalt und mein sehnlicher Wunsch ist nun der, dieses Institut auf einen achtbaren Standpunkt zu bringen. Ausschließlich nur für wahre und ganz gebildete Kunstkenner und Freunde, kann ich meine Auswahl leider nicht machen, indem die Concurrenz derselben viel zu unbedeutend ist. Dennoch aber will ich mein Möglichstes thun und glücklich werde mich fühlen, wenn es eine durch eine sorgfältige Auswahl gelingt, den Geschmack wenigstens in etwas zu läutern und so nach und nach den Zweck dieses Institutes herzustellen suchen.
Zu diesem Bestreben gehört nun vorzüglich daß ich Ihre herrlichen Compositionen anschaffe. Mehrere derselben sind bereits in meiner Anstalt aufgenommen, jedoch glaube ich nur der kleinste Theil. Nun weiß ich aber nicht wo alle Ihre Kunsterzeugnisse erschienen sind und da auch alle Cataloge mir hierüber nicht genügende Auskunft geben, so bin ich so frey: „Sie um ein Verzeichniß, und wo möglich mit Angabe des Verlags Ortes, Ihrer sämmtlichen Compositionen ganz ergebenst zu bitten und zwar vorzugsweise solche, welche sich für ein Instut wie dies in Rede stehenden, passen.“
Nochmahls, meine Bitte gütigst zu entschuldigen bitte ich recht angelegentlich und wenn ich wüßte, daß Sie mich2 nicht auslachten, dann sendete ich Ihnen meinen ersten Catalog ein, der gegenwärtig schon 1600 Musikstücke enthält – vielleicht hätten Sie dann auch die Güte mir so manches Worth und Unterstützung zum möglichsten Emporkommen meines Institutes, mitzutheilen. Oft schon hegte ich den Wunsch, der Selbstdilletant Ihres Instrumentes, Sie einmahl die Töne desselben entlocken zu höhren, leider aber ist dieser Augenblick während der 16 Jahren, wo ich hier bin noch nicht realisirt, darff ich daherr wohl, im Nahmen sämtlicher hiesiger Geigenliebhaber antragen3 ob wir baldige Hoffnung haben, Sie mein geehrtester Herr Direcktor, in unsern Mauern zu sehen? –
In der Hoffnung daß Sie mir möglichst bald eine gütige Antwort zu Theil werden lassen, habe ich die Ehre mich gehorsamst zu empfehlen

Falckenberg.
Ober Post-Secretaire.

Autor(en): Falckenberg, Carl Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Koblenz
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1822042846

Spohr



[1] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „COBLENZ / 28. APR“, auf der Rückseite des zusammengefalteten Umschlags befindet sich der Stempel „2M[AI]“.

[2] „m“ am Wortanfang aus „s“ korrigiert.

[3] „antragen“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.05.2023).