Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr. Wohlgeboren
dem Herrn Louis Spohr.
Churfürstlicher Hof-Kapellmeister in
Cassel.

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Mannheim den 21ten März 1822.

Wohlgeborner Herr Capellmeister,

Herzlich danke ich Ihnen für Ihre Bemühungen, hinsichtlich meines Gesuches. Ich bin vollkommen überzeugt daß wenn es nach Ihnen allein dieses mahl abgehangen hätte, mein Wunsch sein Ziel erreicht hätte. Diese unendliche Güte veranlaßt mich Ihnen hiermit einige Zeilen des herlichsten Dankes zu schreiben, die Sie zugleich stets meiner unbegränzten Hochachtung versichern sollen. Es ist mir unendlich leid daß die Lage der Dinge sich so gestaltete, jedoch gebe ich noch nicht alle Hoffnung auf, denn ich bin fest überzeugt daß Sie bey zu erst eintrettender Vacatur mir eine meinem Talente angemessenen Stelle gewiß erhalten werde. Vielleicht haben Sie später Ursache dazu, und werden dann gewiß an mich denken. Ich kann nun schon diesen Zeitpunckt abwarten, indem ich ja hier ruhig placirt bin, zu dem andern will ich Geduld haben, in der Hoffnung daß es vieleicht anders wird. Man will behaupten mein Freund Frey würde nun bald in volle Thätigkeit als wirklicher Kapellmeister gesezt, wo ich mir von dessen Liebe zu Musik, beßern Gang der Sachen erwarte. Und unter dieser Zeift dürften Sie wohl vielleicht einmahl etwas günstiges für mich hören, sey es wohin es wolle, (nur einen soliden Hof), so werde ich denn suchen Ihre Empfehlung zu rechtfertigen. Ich hatte gewünscht, daß Sie mich jedoch zu erst einmahl gehört hätten um Ihr eigenes Urtheil noch als triftigen Nutze zu der Empfehlung Freys befügen zu können. Doch vielleicht erhalte ich gegen Spätjahr wieder Reiseurlaub, wo ich dann vielleicht meinen Weg über Cassel nehmen werde, um vor allem Sie persönlich näher kennen zu lernen und auch mehr mich für so viele Güte bedanken zu können.
Wie Sie das lezte mahl in Heidelberg Conzert gaben fuhr ich herauf Sie noch einmahl zu hören, (denn ich hatte auch hier Sie schon gehört) und leider ward uns oder vielmehr den andern Mannheimer Musikfreunden der nochmahlige Genuß entzogen, da Ihr Weg Sie nicht nach Mannheim führte. Vielleicht könnte dieß einmahl jezt wieder der Fall werden, was mich unendlich freuen sollte.
Auch ein junger sehr braver Geiger Hr.2 Ripfel junior ersucht mich wenn ich an Sie schriebe Sie zu bitten wenn Sie noch Violinspieler für Ihr Orchester bedürften, Sie an ihn gütigst denken mögte. Ich kann ihm das Zeugniß geben, daß er ein sehr gute Solospieler und routinirter Orchesterspieler ist. Er hat einen schönen vollen Ton, sehr kräftig und ist ein Hauptverehrer Ihrer Compositionen für dieß Instrument. Sollten Sie3 auf ihn einiges Augenmerk richten können, so würden Sie desem Jungen Manne große Frude machen. In unsern dießjährigen Musikconcerten hatten wir die Freude Ihre neu herausgekommene Sinfonie 6/4 Takt (erstes Allegro)4 )zum ersten mahl aufzuführen. Frey gab sich unendlich Mühe, und unsere Liebe und Freude an diesem schönen Werke, verbunden mit Freys guter Direction machten daß die Ausführung gut gelang. Ein hiesiges Blatt, (Charis) No 72.1821.5 spricht sich sehr, und wie billig mit großem Lobe darüber aus.6
Sollten Sie einmahl hieher kommen so wollen wir sie Ihnen aufführen, vieleicht entdeckt Ihr Schafblick hie und da noch ein [paar]7 nothwenidge Veränderungen, dann soll es erst recht gehen. Sie werden erstaunen daß ich Ihnen dieß alles heute schreibe, allein es geschah mit Vorbedacht ich weiß jezt das mein Anliegen unerfüllt bleibt, hätte ich es früher geschrieben, leicht hätten Sie eine Idee von mir bekomen können, die dem Manne Ihres Charaters8 nicht recht gewesen wäre, jezt kann es Ihnen vieleicht Freude machen.
Jetzt danke Ihnen nochmals herzlich und bitte um gütiges Andenken. Herrn Ritter habe ich die Nachricht9 mitgetheilt wegen Jenes(???).10 Leben Sie wohl und wenn Sie einmahl eine müßige Stunde haben schreiben Sie nur wenige Zeilen wegen dem jungen Ripfel. Frey grüßt Sie herzlich.
Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr ganz ergebenster
Wilh. J. Maas.

Autor(en): Maas, Wilhelm Jakob
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Ripfel, Franz Friedrich
Ritter, Heinrich Ludwig
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Sinfonien, op. 49
Erwähnte Orte: Heidelberg
Mannheim
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Hofkapelle <Mannheim>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1822032144

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Maas. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Maas an Spohr, 26.06.1822.

[1] Auf dem Adressfeld befindet sich oben in der Mitte der stark verwischte Poststempel: „[??`?] MANNHEIM / 22 MERZ“, auf der Rückseite des zusammengefalteten Briefumschlags der Stempel „25 MERZ [1822]“.

[2] Hier gestrichen: „N“.

[3] Hier zwei Buchstaben gestrichen.

[4] Hier gestrichen: "auf".

[5] „No 72.1821“ am linken Seitenrand eingefügt.

[6] „Erstes Abonnement-Konzert im großen Saale“, in: Charis 1 (1821), Sp. 575f.

[7] Textverlust.

[8] Sic!

[9] Hier drei oder vier Buchstaben gestrichen.

[10] Vgl. Heinrich Wilhelm Ritter an Spohr, 05.03.1822.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (15.07.2022).