Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Druck: Axel Beer, Musik zwischen Komponist, Verlag und Publikum. Die Rahmenbedingungen des Musikschaffens in Deutschland im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, Tutzing 2000, S. 231 und 270 (teilweise)

Leipzig den 20. Merz 1822.

Werthester Freund!

Gleichzeitig wie Ihre Frau Gemalin sollte auch, wie diese Ihnen wird gesagt haben, ein Schreiben von mir bei Ihnen eintreffen, aber weiß der Himmel, bei mir ist immer kein fertig werden und erst heute komme ich zu jenem Schreiben.
Ich sende Ihnen hierbei Ihre Messe in Part. u. Stimmen, Ihr Quintett für Saiten und BlaseInstr. welches Sie wie ich höre noch nicht empfangen haben und ein Manuscript eines Quartetts, das Manuscript vom neuen Potpourri erhalten Sie in 8. Tagen, denn heute befindet sich dies Werk so weit fertig, daß es in Correktur kommen soll, wo also das Manuscript noch gebraucht wird.
Es soll mich freuen wenn die Ausgabe der Messe als sie mir Arbeit und Aufenthalt gemacht hat, beinahe 4 Monate Zeit hat solche gekostet und eine bedeutende Anzahl Platten zu den Stimmen habe ich doppelt stechen lassen müssen, woran die Correkturen schuld waren; nun ich bin neugierig was ich mit diesem Werke machen werde, die gedruckte Ankündigung davon habe ich in alle Gegenden richtig versendet und solche auch in die gelesensten Zeitungen einrücken lassen1 so daß es an meiner Verwendung nicht gefehlt hat, allein bis jetzt sehe ich noch wenig Erfolg, denn in allem sind erst 32 Exempl. bestellt worden und von Plätzen wie Hamburg, Berlin, wo ich auf eilige Bestellung hoffte, ist noch gar nichts eingegangen, auch in Wien, wo die Ankündigung angezeigt wurde, ist noch nicht bestellt worden, wie mir Steiner & Co vor einigen Tagen melden, nun ich hoffe daß in der folge noch kommen soll, was freylich zum Theil sich jetzt schon zeigen sollte.
Mit dem Quartetten des H. Probst geht es recht unglücklich, als ich das erste erhielt, ließ ich solches in Stimmen schreiben und vorerst von Dilettanten, allein es mißfiel – ich gab es darauf wieder an Dilettanten, bemerkte jedoch voraus, daß solches von einem tüchtigen Mann sey und mir von einem großen Künstler sehr empfohlen wäre, allein diesmal mißfiel es noch mehr, ja man glaubte sogar, ich habe mir einen Spaß machen wollen, weil man nichts von dem fand worauf ich aufmerksam gemacht hatte – nun ging ich endlich an Matthaei und seine Quartett Gesellschaft, wo es aber ein gleiches Schicksal hatte, man sagte oder konnte nicht sagen, daß das Quartett schlecht sey, aber man konnte es auch durchaus nicht schmackhaft finden und wirklich freundschaftlich rieth man mir, solches nicht zu drucken.
Kein Mensch wußte von wem das Quartett war, also konnte auch keine Partheiigkeit statt finden, im Gegentheil man bemühte sich ordentlich das Werk genußvoll zu finden, weil ich zu sehr verrieth wie sehr ich dessen Herausgabe wünsche, allein da man dennoch bei dem gesagten baharrte, so mußte es doch wohl wahr sein und ich, der ich nichts davon verstehe, demselben Glauben beimessen.
Wäre es ein anderes Werk, so würde ich es, rücksichtlich Ihrer u. H. Probsts dennoch gedruckt haben, weil mir die Zurücksendung diesmal höchst verdrießlig ist, allein mit einem Quartett was nichts besagt ist es gar zu schlimm, diese Gattung Musik hat keinen Mittelweg, sie wird entweder allgemein als gut oder gar nicht erkannt, dies beweißt die Erfahrung, übrigens sind d. Quartetten schon ein tüchtiges Werk, das nur nicht so leicht herausdruckt u. zweitens habe ich einen Ruf und das Vertrauen welches ich mir durch Geld und Fleiß bis jetzt erworben habe zu berücksichtigen – wenn Sie ein Werk schreiben was nicht gefällt, so geht es mir nichts an, aller Tadel fällt auf Sie allein, mich aber schützt Ihr Nahme der mir bei Uebernahme des Werks Bürge sein mußte, denn Sie würden schöne Augen machen, wenn ich Ihnen schriebe daß ich ein mir angebotenes Werk drucken wolle, wenn es mir gefiele, bringe ich aber von einem noch unbekannten Künstler ein Werk, zumal so ein kitzliches wie Quartetten, so muß ich es büßen, wenn es mißfällt, indem ich es erst hätte sollen genau prüfen lassen und so etwas wäre mir sehr empfindlich, denn dadurch daß ich, so viel wie möglich, nur gute Werke verlege habe ich mir schon auf recht vielen Orten einen so guten Ruf erworben, daß man meine neuen Verlagswerke immer mit vorzüglichen Vertrauen empfängt, weil man stets etwas gutes vermuthet und dieses sauer erworbene Vertrauen will ich ja nicht verscherzen – daß ich auch manches für den größern Haufen und für meine Casse drucken muß, ist ganz natürlich und wird jeder billigen, dies sind jedoch Kleinigkeiten und Nebensachen, auf größern,2 vieles besagenden Werken soll man mich aber so leicht nicht ertappen, wenigstens nicht durch mein Verschulden.
Da die Probirer des Quartetts wohl merkten, daß ich mich dafür intereßirte und hörten, daß solches von einem gediegenen Künstler empfohlen war, so ließ sich auch keiner in Details ein, sondern blieben bloß dabei, daß es nichts für mich und meinen Zweck sey, daher sende ich nun Ihnen die Stimmen hierbei, bitte Sie, solche durch zu spielen und Ihre Meinung mir mitzutheilen, sie werden ja gleich sehen, in wie weit die hiesigen Spieler recht haben, denn daß Sie sich trügen können, ist wohl wahr, allein so übereinstimmend kann doch wohl ein Urtheil nicht ausfallen wenn es nicht einigen Grund hat.
Heute gebe ich den nun fertigen 1ten Akt Ihres Fausts zum Stich, ich hoffe die italien. Uebersetzung wird sehr gut sein, denn der Uebersetzer4 vermag etwas und in musik. Hinsicht hat ihm der tüchtige Musiker C. Bergt in Bautzen beigestanden.
Ihrer lieben Frau bitte mich bestens zu empfehlen und wie immer verbleibe

Ihr wahrer Freund
C. F. Peters

Herr Probst wird wenn Sie es rathen, die Quartetten nun ändern wollen, allein ich wünsche sehr, daß er sie dann jemand andern zum Verlag geben möge, denn ich fürchte, es wird dann nichts mehr daraus.



Dieser Brief folgt in dieser Korrespondenz auf einen derzeit verschollenen Brief von Peters an Spohr, bei dem sich der Postweg von Spohrs Antwortbrief vom 21.03.1822 mit diesem Brief überkreuzte. Spohr beantwortete diesen Brief am 13.05.1822.

[1] Zu diesem Zeitpunkt waren bereits erschienen: Allgemeiner Anzeiger der Deutschen 63 (1822), Sp. 420; Allgemeinen musikalische Zeitung 24 (1822), Intelligenz-Blatt S. 6f.

[2] Hier gestrichen: „etwas“.

[3] Noch nicht ermittelt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (02.12.2016).