Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C. F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 107f.

Cassel den 12ten Februar
22.

Geehrter Freund,

Verzeihen Sie gütigst, daß ich Ihren lieben Brief erst jezt beantworte. Eine ungeheure Menge an Geschäften, die beym Antritt meiner Stelle1 auf mich einstürmten, müssen mich entschuldigen. Bey Ihrer freundschaftlichen Theilnahme an mir bin ich Ihnen die Nachricht schuldig, daß ich hier vollkommen zufrieden bin. Ich habe einen sehr ausgedehnten Wirkungskreis, der ganz meinen Wünschen angemessen ist und die Ermunterung daß Hof und Stadt mein Wirken als heilbringend für das Emporkommen unserer Kunstanstalt anerkennen. Auch wird unser Theater und noch früher unser Orchester bald zu den ausgezeichnetsten Deutschlands gehören.
Ich habe meine drey neuen Quartetten bis auf den lezten Satz, an dem ich noch arbeite, nun fertig und mögte sie bald gestochen sehen. Ich frage daher an, ob Sie sie für ein Honorar von 300 Rth. Sächs. zum Verlage erlangen,wobey ich freylich noch bitten würde, daß Sie mir diese Summe bis Ostern auszahlen, weil ich dann für unsere neue Einrichtung bedeutende Ausgaben haben werde. – Den Potpourri über die Winterschen Themen wird Ihnen meine Frau in diesen Tagen zuschicken.2 – W[ie] ist es mit der Messe? Haben Sie sie schon verschickt?
Ich muß beynahe glauben, daß Sie meinen Auftrag (die Glocke von Romberg betreffend) den Sie die Güte zu übernehmen hatten3, gänzlich vergessen haben, denn die Chapelle in Dresden hofft noch immer vergebens auf Überschickung der Partitur und Stimmen zum Behuf des Concerts für A. Romberg's Wittwe und Kinder.4
Für Übersendung der Musikalien an meine Schwägerin5 danke ich Ihnen einstweilen und bitte Sie, mir gelegentlich die Rechnung zu machen.
Leben Sie wohl. Ich bitte um die schönsten Grüße an Ihre Fr. Gemahlin. Mit herzlicher Freundschaft stets

der Ihrige
Louis Spohr.

NS. Haben Sie doch die Güte dem Clarinettisten Herrn Heinze in Leipzig zu sagen, daß die von ihm gesuchte Stelle in unserer Chapelle bereits besezt sey.



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Peters an Spohr. Peters' Antwortbrief ist derzeit ebenfalls verschollen.

[1] Spohr war ab Januar 1822 Hofkapellmeister in Kassel, wo er am 16.01.1822 eintraf (vgl. Louis Spohr an Dorette Spohr, 18.01.1822).

[2] Vgl. Dorette Spohr an Carl Friedrich Peters, 20.02.1822.

[3] Vermutlich von Spohr auf seiner Reise von Dresden nach Kassel mündlich überbracht.

[4] Andreas Romberg war am 10.11.1821 gestorben. Zur Nachfrage der Dresdener Hofkapelle vgl. Dorette Spohr an Louis Spohr, 06.02.1822.

[5] Spohr teilte am 13.01.1822 in einem Brief an seiner Frau Dorette mit, er wolle von Peters seiner Schwägerin Wilhelmine Scheidler Musikalien schicken lassen.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (02.12.2016).