Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Blum:1

Sr Wohlgeboren
Herrn Herrn Louis Spohr
Kurfürstl. Heßischer Hofcapellmeister
in
Cassel.

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Berlin 9 Febr 1822.

Sehr wertgeschätzter Freund,

Schon mehrmals nahm ich mir die Freiheit Sie durch Ihren Herrn Bruder von hier aus nach Dresden grüßen zu lassen, ohne mich eines Rückgrußes erfreuen zu können; ich muß daher schließen daß meine künstlerisch unbedeutende Person ganz Ihrem Gedächtnisse entfallen ist, und selbst eine Schachtel voll Mo(???) ca ca ca ca carons(???) dieselbe nicht Ihnen zurückzurufen vermöchte.
Um so mehr bin ich in Verlegenheit Ihnen jetzt meine Bitte vortragen zu müssen. – Um vielen Unterschleifen der Notencopisten zu entgehen habe ich meine in Darmstadt nachsichtsvoll aufgenomene Oper Zoraide stechen lassen, und ein Exemplar dieser Oper Sr Hoheit dem Kurfürsten mit der unterthänigen Bitte übersandt „ein Exemplar für die Bühne zu Cassel zu kaufen (Preis 13 Rth. 12 Sgr.)
Sollte nun wie zu erwarten steht, Se Hoheit mit Ihnen darüber Rücksprache nehmen, so wünschte ich (weit entfernt Sie mit einer Bitte zu belästigen2 diese Oper sogleich in Scene zu setzen) – daß Sie wenigstens die Güte hätten, sich so für dieselbe zu intereßiren, daß ein Exemplar von dem dortigen Theater zu diesem Preise (13 Rth. 12 gr.) gebracht würde. Ich würde es sodann hinsenden.
Mit wahrem Vergnügen habe ich Ihre dortige Anstellung vernommen, will wünschen daß Sie sich recht gefallen mögen, und bei innerer Zufriedenheit, unserm Vaterlande mit vielen Kindern Ihre Muße ein Geschenk machen mögen.
Heute hab ich Briefe aus Wien. Es sieht dort schreklich – mehr als schreklich aus. Man bietet alles auf um Componisten zum Componiren zu bewegen, aber es scheint sich niemand zu finden. Maria Weber ist hingereist um die Sänger kennen zu lernen für welche er eine Oper schreiben soll.
Ich will wünschen daß diese Oper erst dann fertig wird und in Scene geht; wenn der Wunsch in Erfüllung gegangen, der immer mehr Wahrscheinlichkeit gewinnt, daß nemlich ein Ruekauf statt finden wird der nach 2 Jahren die Theater dem Kayser zutheilet.
Mit Ihrer Oper Zemire ist man gottlos verfahren; die Besetzung soll laut eines Briefes, grundschlecht gewesen seyn, die Sänger hat man mir nicht genannt.
Das erste Final soll beinahe umgeworfen seyn. Mir scheint alles Plan, man will die deutsche Oper nicht empor lassen, damit eine mittelmäßige italiänische Operngesellschaft doppelten Profit verschafte.
Doch ich langweile Sie wohl mit meinem Geschwätze. Haben Sie die Güte mich Ihrer werthen Frau Gemahlin zu empfehlen und erlauben Sie mir, mich mit Achtung und Freundschaft Ihrem gütigen Andenken zu empfehlen als Ihr

Carl Blum
unter den Linden no 54.

Hier sieht es auch bunt aus als wenn ich einen Carneval! keine einzige neue Oper. Ist denn ihr Zemire u Azor hier oder nicht? Nehmen Sie meine Bitte nicht übel lieber Spohr.
Wißen Sie daß H. Sievers in Wien u Redakteur der Modezeitung ist.

Autor(en): Blum, Carl
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Franz I. Österreich, Kaiser
Sievers, Georg Ludwig Peter
Weber, Carl Maria von
Wilhelm II. Hessen-Kassel, Kurfürst
Erwähnte Kompositionen: Blum, Carl : Zoroaide
Spohr, Louis : Zemire und Azor
Weber, Carl Maria von : Euryanthe
Erwähnte Orte: Wien
Erwähnte Institutionen: Hoftheater am Kärntnertor <Wien>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1822020944

Spohr



Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Blum an Spohr, 25.01.1824, aus dem sich noch ein derzeit verschollener Brief von Spohr an Blum erschließen lässt.

[1] Rechts oben auf dem Adressfeld befindet sich der Poststempel „BERLIN / 9. FEBR“, links neben dem Adressfeld der Stempel „18 FEBR 182[2]“.

[2] „belästigen“ am linken Seitenrand eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.10.2020).