Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Geehrtester Freund!

Mit großer Freude habe ich vernohmen1, daß Sie in Kassel eine lebenslängliche sehr brillante Anstellung als Kapellmeister erhalten haben, zu der ich Ihnen von Herzen Glück wünsche. Sie werden die Künste die dort recht gedeihen wollte2, zu einem möglichst hohen Grade erheben, und bald wird man dort die beste Bühne in Deutschland hören können. Es kann nur ein ausserordentlicher Gewinn für die Kunst seyn, wenn ein Mann wie Sie, einen solche Anstalt nach eigener Einsicht zu leiten, völlige Vollmacht hat. Wohl dem Künstler, der unter Ihrer Leitung sich immer mehr zu bilden Gelegenheit hat, den keine Verhältnisse zurückhielten, sich um ein Engagement bei Ihrem Orchester zu bewerben. In andren Verhältnissen als den Meinigen würde ich in dießer Hinsicht Ihre Güte in Anspruch nehmen, da ich es leider für mich nicht kann, so wage ich es, Ihnen zwei Künstler von hier bestens zu empfehlen, die Nichts sehnlicher wünschen, als eine Anstellung mit annehmbaren Bedingnissen in Kassel zu erhalten. Der eine ist unser erster Violoncellist Ripfel, der andere unser erster Oboist Maas. Den Violoncellisten kann ich Ihnen mit gutem Gewissen als einen sehr braven Solo- und ganz vorzüglichen Orchesterspieler empfehlen, auch als Quartettspieler hat er große Vorzüge. Als letztere kennen Sie ihn selbst, da er das Vergnügen hatte, hier und in Heidelberg Sie zu begleiten, und ich weiß mich noch recht gut zu erinnern, daß Sie sehr zufrieden mit ihm waren. Er hat auch sehr schöne Anlagen zur Composition, die er durch einen Unterricht bei Vollweiler in Offenbach noch mehr ausbildete. Sie werden überhaupt in ihm einen in jeder Hinsicht nicht gewöhnlich gebildeten Musiker finden, der nur für seine Kunst lebt und webt.
Den Oboisten Maas habe ich Ihnen schon früher in Frankfurt empfohlen, er hat sich seither bei Fladt in München sehr zu seinem Vortheil gebildet. Er kann mit allen Ehren die Stelle eines ersten Oboisten in jeden Orchester empfehlen, als Concertspieler steht er auf einer nicht gewöhnlichen Stufe. Mit Ihrer Kunst vereinigen beyde jungen Leute die beste Moralität.
Wie ich hörte werden sechs Violoncells, Hasemann von Frankfurt als Erster bei Ihnen angestellt; könnte Ripfel vielleicht als erster mit Hasemann alterniren, oder würden Sie ihn unter anderen Bedingungen engagiren? Derselbe Fall ist mit Maas, der wie hier als erster Oboist angestellt zu seyn wünscht. Ueber beyde Fälle bitte ich, mir recht bald Ihre Meinung gütigst mitzutheilen, sollte es Ihnen möglich seyn, die Sache nach den3 Wünschen beyder jungen Leute einzurichten, so werden Sie mich unendlich verbinden. Von Herzen grüße ich Ihre werthe Gemahlinn, und Ihre lieben Kinder, und empfehle mich mit meiner Bitte Ihrer unschäzbaren Freundschaft und Güte. Leben Sie recht wohl, und beglücken Sie bald mit einer Antwort

Ihren ergebensten
Frey.

Mannheim d 7ten Februar 1822

Schlüßlich bitte ich Sie noch recht sehr, die Sache, sie mag zu Stande kommen oder nicht, selbst in Kassel4 geheim zu halten, denn es mögte mir Unannehmlichkeiten bei der hiesigen Intendanze verursachen, wenn man erführe, daß ich die Veranlassung dazu gegeben hätte.

Autor(en): Frey, Michael
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Fladt, Anton
Hasemann, Nicolaus
Maas, Wilhelm Jakob
Ripfel, Carl
Vollweiler, Georg Jacob
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Frankfurt am Main
Heidelberg
Mannheim
München
Offenbach
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Hofkapelle <Mannheim>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1822020740

Spohr



Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Frey an Spohr, 03.08.1822.

[1] Sic!

[2] Vgl. etwa Georg Knoop an Spohr, 25.06.1823.

[3] Hier gestrichen: „W“.

[4] „selbst in Kassel“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (24.02.2022).