Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Inhaltsangabe: Axel Beer, Heinrich Joseph Wassermann (1791-1838) (= Schriften zur Musikwissenschaft aus Münster 2), Hamburg und Eisenach 1991, S. 72

Donaueschingen d. 28sten Jan.
1822

Mein hochzuverehrender Herr Capellmeister
und geliebter Br.1

Mit unendlicher Freude les ich in der krfrstl. Zeitung von Ihrem gegenwärtigen Aufenthalt in Cassel. Ich säume nicht, meinen geliebten Meister in der Hauptstadt meines Vaterlandes glückwünschend zu begrüßen! Nun da Sie in C. sind scheint es Ernst zu seyn, die längst gehegten schönen Erwartungen mit der Musik, in Erfüllung zu bringen.
Beym Antritt der Regierung S.K.H. des Kurfürsten meldete ich mich und erinnerte Sereniss. an dessen mir in Fulda gegebenes Versprechen, mich dereinst an seinem Hofe anzustellen.2 Inzwischen kam Wiele dahin, und wurde engagirt; soviel ich nun weiß ist bis jetzt außer W. Niemand von Auszeichnung angestellt, und man hat wahrscheinlich erst den Chef ernenen wollen, um dem unter seiner Leitung und Wahl das Orchester etc. zu organisiren.
Ich erhielt bis jetzt noch keine Antwort auf mein Ansuchen. Nun da Sie an der Spitze stehen, schöpfe ich neue Hoffnung. Seit dem May 1820 bin ich hier in Diensten des Fürsten von Fürstenberg und leite das kleine Orchester. C. Kreutzer war unser Kapellmeister, verließ aber vor einigen Monathen seine Stelle, da der Fürst mit Anstellung einer neuen Hofkapelle – auf halben Wege stehen blieb3 – Nun führ4 ich die Sache so gut es gehen will noch fort bis sich eine bessere Stelle für mich findet, und das hoffentlich in Cassel, wo Sie nun doch mehrere guten Geiger bedürfen. Wiele ist wie er mir sagte als Solo-Spieler angestellt; haben Sie nun noch keinen Mann als Orchester-Direktor oder Anführer an der 1sten Violine, so wäre dieß der Platz den ich wünsche, natürlich nur bey der Oper und Cammermusik. Ich lebe in der angenehmsten Erwartung, baldige erfreuligste Nachricht von Ihnen zu erhalten.
Mit der Bitte Ihrer Frau Gemahlin mich aufs Höflichste zu empfehlen, scheide ich mit Versicherung aller Hochachtung und innister Bruderliebe.

J. Wassermann.

Autor(en): Wassermann, Heinrich Joseph
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Carl Egon II. Fürstenberg, Fürst
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1822012840

Spohr



Das letzte erhaltene Schriftstück dieser Korrespondenz ist das Zeugnis von Spohr für Wassermann, 05.04.1811. Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Wassermann, 27.05.1835

[1] Abk. f. „Bruder“. – Sowohl Spohr als auch Wassermann waren Freimaurer.

[2] Am 25.05.1821 (zur Quellenlage vgl. Beer, S. 72, Anm. 14).

[3] Vgl. Beer, S. 70.

[4] „führ“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (24.08.2020).