Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,30

Herrn
Herrn Wilhelm Speyer
Wohlgeb
Offenbach
bey Frankfurt a/m


Gandersheim den 29sten
August 21.

Geliebter Freund,

Zu meinem langen Brief von vorgestern muß ich Ihnen in diesen Zeilen noch eine Nachschrift senden, indem ich etwas wichtiges vergessen habe. Haben Sie doch bitte die Güte aus meinen, bey Ihnen in Verwahrung stehenden Musikalien die Partitur meines Octetts (für 5 Saiteninstrumente, Clarinette und zwey Hörner in Edur) gefälligst herauszusuchen und es mit der fahrenden Post an Herrn J.F. Schwenke jun. in Hamburg, Plan, No 127 zu schicken. Er will es, wir früher das Nonetto, für Pianoforte mit Begleitung arrangiren und es in dieser Gestalt stechen lassen. Da es als Octett wegen der schwierigen Hornparthien nicht sehr gemeinnützig werden wird, so ist es mir lieb wenn durch diese Bearbeitung seine Verbreitung befördert wird.
Binnen kurzem erscheint bey Peters mein Pianoforte-Quintett sowohl mit Blas- als Saiteninstrumenten. Da ich es der Herzogin von Gotha dedicire, so wird wohl wieder der [???] auf dem Titel paradiren; übrigens habe ich Peters aufgefordert in der Ausgabe dieses Quintetts zu zeigen was er an Zierlichkeit und Eleganz vermag. Vor Neujahr wird auch noch die Messe erscheinen. Ich wage nicht, sie stechen zu lassen, bevor ich sie gehört habe; da ich nun hier in der Gegend keine Gelegenheit finde so verzögert sich dadurch die Herausgabe. Indessen halte ich dieß Werk auch nachdem der erste Enthusiasmus verraucht ist, noch immer für das beste was ich seit Jahren geschrieben habe. Zur nächsten Winterreise habe ich für meine Frau und mich einen neuen Potpourri für Pianoforte und Violine geschrieben der äußerst schwer und brillant ist und jetzt von uns einstudirt wird. Überhaupt geige ich jetzt viel woran die neue Violine schuld ist. Je mehr ich mit ihr vertraut werde, je größer ist die Freude über die Aquisition. – Binnen kurzem erscheint auch das 2te Clarinettenconcert von mir. –
Erfreuen sie mich nur recht bald mit einem Briefe, damit er mich hier noch treffe. Meine Frau grüßt Sie und Ihre ganze Familie auf das herzlichste. Leben Sie wohl. Mit inniger Freundschaft ganz

der Ihrige
Louis Spohr.



Dieser Brief schließt an Spohr an Speyer, 26.08.1821 an. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Speyer, 21.11.1821, aus dem sich aber noch ein verschollener Brief von Speyer an Spohr erschließen lässt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (04.02.2016).