Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C. F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 93f.

Herrn
Herrn C. F. Peters
(Bureau de Musique)
Leipzig.

franco.1


Strasburg den 8ten Februar
21.

Geliebter Freund,

Zürnen Sie nicht, daß ich Ihnen von Paris nicht geschrieben habe; jeden Tag wollte ich es, aber es war nicht möglich sich auch nur eine Stunde aus dem Chaos von Geschäften und Zerstreuungen herauszuwickeln, in dem wir 2 Monath wie im Taumel verlebt haben. Auch ist meine ganze Correspondenz dort in's Stocken gerathen und erst hier fange ich an sie ein wenig wieder in Gang zu bringen.
Mit meinem dortigen Aufenthalt bin ich sehr zufrieden ob er gleich mehr gekostet wie eingetragen hat und alle Hauptzwecke der Reise dorthin habe ich erreicht; ich habe die persönliche Bekantschaft aller ausgezeichneten Künstler gemacht, bin mit vielen in freundschaftliche Verhältnisse getreten, habe ihnen fast alle meine neuen Kompositionen zu hören gegeben, habe die Freude gehabt diese von ihnen mit Enthusiasmus aufgenommen zu sehen; bin dann öffentlich aufgetreten und vom Publico mit Auszeichnung aufgenommen worden und habe zulezt alles Merckwürdige und Ausgezeichnete von Paris gesehen und gehört. Das Nähere über meinen dortigen Aufenthalt werden Sie in einem Bericht lesen, den ich für die Musik. Zeitung eingesandt habe.2
Wie ist es denn meinem lieben Grund in Leipzig gegangen und was giebt es überhaupt Neues bey Ihnen und in Deutschland? Seit 2 Monathen habe ich auch nicht das geringste von dorther erfahren. Wenn Sie nicht gleiches mit gleichem vergelten und mir recht bald schreiben wollen, so wird mich ihr Brief noch in Carlsruhe treffen. Adressiren Sie ihn gefälligst an den Kammermusikus Witzenmann daselbst.
Das Portrait3 ist wohl immer noch nicht erschienen und von meinen neuen Sachen4 auch wohl noch nichts? Das Clavier-Quintett hat in Paris große Sensation gemacht; wir haben es mehrere male mit Blasinstrumenten und Saiteninstrumenten gemacht und Moscheles hat es einmal in einer Gesellschaft von 250 Personen gespielt, wo es den größesten Enthusiasmus erregte.5 Die Clavierspieler dort haben sich angelegentlich erkundigt, ob es nicht bald erscheinen würde.
Ich ersuche Sie, mein geliebter Freund die 250 Rth. gelegentlich an meinen Vater nach Gandersheim zu schicken , wo wir Anfangs Aprill wieder eintreffen und dann den Sommer über bleiben werden. – Sollte Grund noch in Ihrer Gegend seyn und sollten Sie seine Adresse wissen so bitte ich Sie recht sehr, ihm ein wenig Nachricht von uns zu geben. Wir werden von hier über Carlsruhe, Heidelberg, Würzburg, Bam[berg], Coburg nach Gotha6 gehen und von [dort] dann nach Gandersheim zurückkehren.
Leben Sie recht wohl, herzliche Grüße [an] alle Leipziger Freunde. Mit unveränderter Freundschaft stets

der Ihrige
Louis Spohr.



Der letzte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Peters, 28.11.1820. Peters' Antwortbrief vom 21.02.1821 ist derzeit verschollen.

[1] Über dem Adressfeld befindet sich von anderer Hand der Eingangsvermerk des Verlags: „1821 / 8 Febr / 19 '' / 21 / Strasburg / Spohr.“

[2] Louis Spohr, „Briefe aus Paris”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 23 (1821), Sp. 139-144, 156-162, 177-184 und 189-195. 

[3] Nach Homburg handelt es sich um ein heute verschollenes Porträt von Adam Grünbaum, das als Vorlage für die bei Peters erschienene Lithografie diente (Herfried Homburg, „Bildnisse Louis Spohrs. Eine vorläufige Bestandsaufnahme”, in: Louis Spohr. Festschrift und Ausstellungskatalog zum 200. Geburtstag, hrsg. v. Hartmut Becker und Rainer Krempien (= Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Ausstellungskatalog 22), Kassel 1984, S. 209-230, hier S. 212f.).

[4] Spohr hatte Peters am 17.09.1820 das Rondo op. 50, das Potpourri op, 51 und die zwei Gesänge WoO 82 geschickt.

[5] Vgl. [Ignaz Moscheles], Aus Moscheles Leben. Nach Briefen und Tagebüchern, hrsg. v. Charlotte Moscheles, Bd. 1, Leipzig 1872, S. 39.

[6] Gestrichen: „und“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (14.10.2016).