Autograf: Beethoven-Haus Bonn (D-BNba), Sign. HCB Br 356
Druck: Ferdinand Ries, Briefe und Dokumente, hrsg. v. Cecil Hill (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn 27), Bonn 1982, S. 150f.
Beleg: Autographen-Sammlung enthaltend Musiker-Briefe und Musik-Manuskripte aus dem Nachlasse des berühmten Komponisten Louis Spohr (1784-1859) nebst Beiträgen aller Art (Fürsten, Staatsmänner, Dichter, Gelehrte, Künstler, etc.) aus dem Besitz eines bekannten Berliner Sammlers. Versteigerung zu Berlin Montag, den 15. und Dienstag, den 16. Oktober 1894 (= Katalog Liepmannssohn), Berlin 1894, S. 63

Monsieur
Monsieur Spohr
Calais
 
poste restante
 
 
London 5 Feb. 1820
 
Hochgeehrtester Herr!
 
Ihren Brief v. 24 Jan. habe ich erhalten und zweifle nicht, daß Sie meinen Brief nach Brüssel adressiert nun auch haben – um aber allem Unglück vorzubeügen, muß ich Ihnen kurz meine guten Regeln wiederholen.1
1tens gehen Sie mit einem Englischen Paquetbot, welches die Briefe mit sich hat, nach Dover, 2tens nehmen sie sich bitte in der Kajütte beym Einsteigen in's Schiff2 oder bevor, und legen einiges Ihrer Bagage darauf (wodurch kein anderer es nehmen kann) und wo möglich in der Mitte des Schiffes, wo man die Bewegung am wenigsten fühlt. 3tns zu essen brauchen Sie wahrscheinlich nicht viel, besonders zum Trinken empfehle ich Brandwein, auch muß ich das Md Spohr anrathen, meine Frau findet das am besten. In Dover, wo Sie beym Aussteigen belagert werden, fragen Sie nur gerade nach York Hotel, Ihr Wirthshaus3, wo sich schon jemand Ihrer gleich annehmen wird, sollten Sie abends oder des Nachts ankommen, so nehmen Sie nur die kleine Nothwendigkeiten, um sich wenigstens bequem zumachen, in Ihre T a s c h e, da man keine Bündell (auch den kleinsten) in der Hand erlauben will. Ihre Violinen müssen nach der Mauth wie alles andere gehen, doch ehe Sie selbst dahin gehen, fragen Sie nach dem Post office, wo Sie Ihre Vollmacht für 2 Violinen und Musik zu Ihrem eigenen Gebrauch finden werden, wovon Sie4 keine Abgaben zu bezahlen haben. Sie werden im Wirthshause schon jemand finden, der Franzosisch spricht, Ihre versiegelten Briefe (im Falle Sie meinen Brief nach Brussel nicht erhalten haben und meinen Rath befolgt) müssen sie verheimlichen, man sagt, daß man am Körper nicht mehr5 visitieren darf, doch bin ich dieses nicht ganz sicher. Für jeden versiegelten Brief müssen Sie hier 1 Shilling 2 P. ohngefehr 1 ½ francs6 Porto bezahlen, wollen Sie diese von Calais oder im Paquette abgeben, so können sie diese an sich adressieren, schreiben Sie an mich mit dem nehmlichen Schiffe7, wo Sie von Calais abgehen, wodurch ich den Brief früher erhalten werde, als Sie in London seyn können.
Sie werden in Dover Briefe8 von mir finden – meine beste Empfehlung an Mme Spohr,
 
Ihr ergebener
Ferd. Ries
 
meine Adresse
57 Upper Norton Street
Portland Road
 
in Eil.

Autor(en): Philharmonic Society
Ries, Ferdinand
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Spohr, Dorette
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Brüssel
Calais
Dover
London
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1820020543

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief von Spohr an Ries, 24.01.1820. Die von Ries im letzten Satz angekündigten Briefe sind derzeit nicht bekannt. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Ries an Spohr, 10.09.1820, der auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Ries antwortet.
 
[1] Vgl. Ries an Spohr, 14.01.1820.
 
[2] „in's Schiff” über der Zeile eingefügt.
 
[3] „Ihr Wirthshaus” über der Zeile eingefügt.
 
[4] „Sie” über der Zeile eingefügt.
 
[5] „mehr” über der Zeile eingefügt.
 
[6] „1 ½ francs” über gestrichenem „1 ½ francs” eingefügt.
 
[7] „mit dem nehmlichen Schiffe” über der Zeile eingefügt.
 
[8] „Briefe” über der Zeile eingefügt.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (22.07.2016).