Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, 21070 C. F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 60f.
Druck 1: „Briefe L. Spohr’s an das Haus Peters in Leipzig”, in: Leipziger Allgemeine Zeitung 2 (1867), S. 290f., 299, 314f., 338f., 346f., 363 und 379, hier S. 379
Druck 2: Herfried Homburg, „Bildnisse Louis Spohrs. Eine vorläufige Bestandsaufnahme”, in: Louis Spohr. Festschrift und Ausstellungskatalog zum 200. Geburtstag, hrsg. v. Hartmut Becker und Rainer Krempien (= Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitzt Ausstellungskatalog 22), Kassel 1984, S. 209-230, hier S. 212 (teilweise)

Frankfurt den 30sten
Juli 1818.

Werthester Freund,1

Die drey großen Violin-Quartetten sind beendigt und ich trage sie Ihnen nunmehr zum Verlage ergebenst an. Da ich einigen Werth darauf setze und sie unter den Instrumentalkompositionen, die bis jezt von mir erschienen sind, für das beste halte, so glaube ich, man würde es mir nicht als Eitelkeit auslegen können, wenn mein Portrait mit auf den Titel gravirt würde, welches die Sammler musik. Portraits überdieß schon seit längerer Zeit zu besitzen gewünscht haben. Ich bin auf diese Idee gerathen, weil ich so eben äußerst ähnlich gezeichnet worden bin, welche Zeichnung ich Ihnen, im Fall Sie in meinen Wunsch eingehen, übersenden werde.2
2tens offerire ich Ihnen einen vollständigen Clavier-Auszug meiner Oper Faust, der von einem ausgezeichneten Clavierspieler und Komponist in Wien schon vor mehreren Jahren gemacht ist, den ich aber nicht eher bekannt machen wollte, bis die Oper an einigen Orten mit Beyfall gegeben worden sey, da sie nun außer hier und Prag auch in Wien seit dem 7ten d. M. mit dem ausgezeichnesten Beyfall gegeben und binnen kurzem auch in Dresden und Stuttgardt in Scene gesezt werden wird, so wie spä[ter] warscheinlich auch auf den übrigen deutschen Theatern, so halte ich es jezt für die rech[te] Zeit ihn bekannt zu machen. – Von Ihr[er] Theilnahme an meinenen Künstlerfreuden überz[eugt,] lege ich Ihnen eine Rezension über die Op[er] in der Wiener musik. Zeitung3 bey die m[ir] um so mehr Freude gemacht hat, da ich d[en] Rezensentenen gar nicht kenne und nach langem Nachsinnen bey einem habe stehen bleiben müssen, (dem Herrn v. Mosel) der in Wien mein Antagonist war und an dessen Unpartheilichkeit ich daher nicht zweifeln darf.4 Ein Bekannter aus Wien schreibt mir5 daß die Oper in der ersten Woche 6 mal hinter einander gegeben worden sey und troz der schlechten Besetzung von Seiten der Sänger das gebildete Publikum so angezogen habe wie keine andere seit 10 Jahren. – Haben Sie doch die Güte die Rezension auch dem Herrn Hofrath Rochlitz gefälligst mitzutheilen; ich habe zu diesem Wunsch keinen andern Grund als weil ich weiß daß er gütigen Antheil an mir nimmt und weil ich ihn gern zu überzeugen wünschte, daß ich die Oper, als ich sie ihm einmal in einem Briefe mein bestes Werk nannte6, nicht überschätzte.
Jezt zu den Bedingungen überzugehen, so glaube ich für die Quartetten 150 Rth. und für den Clavierauszug 100 Rth. Sächs. ansetzen zu können. – Von dem Clavierauszug muß ich noch nachholen, daß die Ouverture für 4 Hä[nde,] alles übrige aber für 2 Hände arrangirt ist.
In dem nächsten Paquet, welches Sie an Herrn Gail abschicken, bitte ich, mir einige Exemplare der 4stimmigen Lieder gefälligst zukommen zu lassen.
Mit Hochachtung und herzl. Freundschaft ganz

der Ihrige
Louis Spohr

NS. Es hat mir recht leid gethan, daß der Herr Hofrath Küstner meine Oper nicht gewollt hat „weil Lokalhindernisse die Aufführung ohnmöglich machten“.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Peters
Peters, Carl Friedrich
Erwähnte Personen: Gayl, Johann Conrad
Küstner, Karl Theodor von
Mosel, Ignaz Franz von
Rochlitz, Friedrich
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Faust
Spohr, Louis : Lieder, Ten 1 2 Bass 1 2, op. 44
Spohr, Louis : Quartette, Vl 1 2 Va Vc, op. 45
Erwähnte Orte: Dresden
Prag
Stuttgart
Wien
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1818073020

Spohr



Der letzte erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Peters an Spohr, 11.03.1818. Peters' Antwortbrief vom 03.08.1818 ist ebenfalls verschollen.

[1] Auf der ersten Seite des Briefes befindet sich außerdem noch von anderer Hand der Eingangsvermerk des Verlags: „1818 / 30. July / 3 Augst./ 3 '' / Frankft / Spohr.“.

[2] Obwohl Peters zunächst auf Spohrs Wunsch einging, wurden die Quartette op. 45 ohne Spohrs Portrait veröffentlicht. Herfried Homburg vermutet in einer in den Beständen des Spohr Museums vorhandenen, von ihm Spohr als Selbstpoträt zugeschriebenen Zeichnung als das in diesem Brief erwähnte Porträt (vgl. Herfried Homburg, „Bildnisse Louis Spohrs. Eine vorläufige Bestandsaufnahme”, in: Louis Spohr. Festschrift und Ausstellungskatalog zum 200. Geburtstag, hrsg. v. Hartmut Becker und Rainer Krempien (= Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitzt Ausstellungskatalog 22), Kassel 1984, S. 209-230, hier S. 212, Abb. auf S. 173). Dies ist jedoch unwahrscheinlich, weil das betreffende Porträt offensichtlich einen Säureschaden hat, demnach also wohl aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt.

[3] „Über die romantische Oper: Faust, von Spohr”, in: Wiener allgemeine musikalische Zeitung 2 (1818), 258-263.

[4] Vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 2, S. 174, Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; ders., Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 1, Kassel und Göttingen 1860, S. 194f. Die dort genannte Kontroverse ist in der Spohr-Literatur allerdings bislang noch nicht belegt (vgl. Hans Glenewinkel, Spohrs Kammermusik für Streichinstrumente. Ein Beitrag zur Geschichte des Streichquartetts im XIX. Jahrhundert, Phil. Diss. München 1912, S. 105, Anm. 2; Theophil Antoniček, Ignaz von Mosel (1772-1844). Biographie und Beziehungen zu den Zeitgenossen, Phil. Diss. Wien 1962, S. 446f., hier v.a. S. 447, Anm. 4).

[5] Dieser Brief konnte bislang nicht ermittelt werden.

[6] Vgl. Spohr an Friedrich Rochlitz, 21.09.1817.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (30.09.2016).