Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,3
Mittwoch Nachmittag
Bester Freund,
Wie ich Ihre gütige Einladung annahm, hoffte ich heute Abend im Theater frey zu seyn; leider ist aber Oper und ich darf und mag nicht schon das 2te mal versäumen und einem Andern die Direction auftragen. lch ging daher heute früh in Ihr Komtoir um Ihnen dieses sagen zu lassen; unterwegs begegnete mir Ihr Bedienter, der mir den Brief überbracht hatte, und übernahm es, sogleich nach Offenbach zu schicken um den Wagen aufsagen zu lassen; daß er dies schlecht besorgt habe, geht daraus hervor, daß der Wagen dennoch gekommen ist. Entschuldigen Sie gütigst mein Nichtkommen und erlauben Sie mir, Sie bald einmal zu besuchen wenn Sie Ihre Quartettparthie haben.
Mit vorzüglicher Freundschaft und Hochachtung
der Ihrige
Louis Spohr
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Speyer, Wilhelm |
Erwähnte Personen: | |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Frankfurt am Main Offenbach |
Erwähnte Institutionen: | Stadttheater <Frankfurt am Main> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1818020102 |
Dies ist der erste überlieferte Brief dieser Korrespondenz. Der nächste überlieferte Brief ist Spohr an Speyer, 06.07.1818.
Der von Spohr nur mit „Mittwoch Nachmittag” datierte Brief enthält einen Zusatz von fremder Hand: „Frankfurt” und „Oct.Dec 1818”. Diese Datierung erscheint jedoch unplausibel: Der Inhalt dieses Briefs deutet darauf hin, dass sich Speyer und Spohr zum Zeitpunkt der Abfassung noch nicht näher kennen („ erlauben Sie mir, Sie bald einmal zu besuchen wenn Sie Ihre Quartettparthie haben”). In den beiden Briefen, die Spohr Speyer während seiner Italien-Reise nachschickt, redet er den Briefpartner nicht nur mit „geliebter Freund” an, sondern bittet ihn im zweiten Brief auch, das Patenamt für seine jüngste Tochter zu übernehmen. Dies scheint auf eine Datierung des Briefs auf eine Zeit deutlich vor Speyers Reise nach Italien, somit auf die Zeit vor Juli 1818 zu deuten, vermutlich bereits in die frühe Zeit von Spohrs Frankfurt-Aufenthalt, der mit einem Konzert Mitte Dezember 1817 begann (vgl. „Frankfurt a.M., den 1sten Januar”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 20 (1818), Sp. 53-56, hier Sp. 55). Dafür spricht vielleicht auch, dass Spohr seinen Dienstplan offensichtlich noch nicht gut kennt und bemüht ist, sich nicht zu häufig vertreten zu lassen.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (20.01.2016).