Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Monsieur
Monsieur Louis Spohr
chez Monsieur Kessler, hôtel
d’angleterre dans la Doeten Straat
Amsterdam

frei1


Ew. Wohlgebohrn

erstes Schreiben vom 21t benachrichtigt mich zu meinem – und meiner Herren Collegen großen Vergnügen, daß Sie gewiß Sind, die Stelle als Director unseres Theater Orchester anzunehmen – ! Nach Ihrem Wunsche würde ich mich gleich heute weitläuftig über unsere Bedingungen davon, als diejenige welche wir in jener Eigenschaft von Ihnen erwarten, äußern allein der baldige Rückgang der Post macht es unmöglich – ich bleibe daher nur bei den pecuniairen stehen – ! Neben diesen ist das fixe mit der ersten Stelle gebundene Gehalt f 2400 Reichswährung jährlich – nebst der Befugniß zu einem Concerte im Theater, welches bisher dem Herrn Schmitt der dazu ein für allemal den Charfreitag gewählt hatte, im Durchschnitte circa f 1000 einzubringen pflegte – ! Außerdem besteht bei unserer Bühne die Einrichtung: daß die beiden, für die Besorgung der artistischen Angelegenheiten angestelte2 Herren Vorsteher, worunter der jedesmalige Musick-Director gerechnet wird, an dem jährlichen Überschuß den das Theater Institut liefert, einen reinen Antheil von 45 pro Cent beziehen – ! Herr Schmitt hat auf diese Art, für seinen Antheil, in den lezt verfloßenen 10 Jahren die Summe von f 12600 also jedes Jahr circa f 1260 bezogen! Unser Theater hatte dabei mit schlechten Zeiten, und Widerspänstigkeiten aller Art zu kämpfen – es ist nicht zu bezweifeln daß in ruhigen Perioden, und insbesondere unter Ihrer leitenden Mitwirkung, der Flor des Instituts auch in jener pecuniairen Hinsicht, auch bedeutend zunehmen werde!! Außerdem besteht bei demselben eine Pensions Anstalt, deren Fond bereits sehr ansehnlich ist – und wovon sich vermittelst gewißen mäßigen Beiträgen sämtliche Mitglieder des Theaters und Orchesters, Ansprüche für die Zukunft verschaffen können.
Sagen Sie mir nun gefäll. umgehend ob das, was ich Ihnen vorzutragen die Ehre hatte, geeignet ist, daß Sie darauf reflektiren – ich werde Sie als dann sogleich in Kenntniß alles des jenigen setzen, was von Ihrer hiesigen Wirkungs Kreiß abhängig sein – und von demselben verknüpft werden wird – ! Nur einstweilen so viel – unser Theater ist bekanntlich eine privat Anstalt, von einer gewißen Anzahl der ersten hiesigen Einnahme gegründet und befördert – Die Leitung alles artistischen braucht wenigstens auf der genannten beiden Vorsteher worunter der Musick Director gehört – Die oeconomische Angelegenheiten werden von einem Ausschuß von sämtl. Innen actionairs verwaltet, von den einseitigen Launen und Capricen3, mit denen bei Hoftheatern meistens verfahren wird ist und kann bei uns keine Rede sein – ich darf mir daher schmeicheln, Sie würden dem liberalen Sinn, der sich in unserm kleinen glückl. Freistaate allgemein, so auch bei unserer Theater Verwaltung ausspricht, den verdienten Vorzug vor vielen ähnlichen Instituten, zu Ihrer gänzlichen Zufriedenheit einräumen!
Ich erwarte nun verlangend Ihren gefälligen Entschluß – und habe indeßen die Ehre hochachtungsvoll zu zeichnen

Ihr ergebener
Wm Mumm

Autor(en): Mumm, Wilhelm
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Schmitt, Carl Joseph
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Frankfurt am Main
Erwähnte Institutionen: Stadttheater <Frankfurt am Main>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1817102647

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Mumm, 21.10.1817. Spohrs Antwortbrief vom 30.10.1817 ist derzeit verschollen.

[1] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der stark verwischte Poststempel „[FRAN]CFORT [???] / 26 [???]“, in der Mitte der Stempel „FRANCO GRENZE“, auf der Rückseite des zusammengefaltenen Briefumschlags befinden sich zwei weitere verwischte Stempel.

[2] Sic!

[3]Caprice, fr. (spr, – ß’) die Laune, Hartnäckigkeit, der Eigen- oder Starrsinn“ (Friedrich Erdmann Petri, Gedrängtes Deutschungs-Wörtebuch der unsre Schrift- und Umgangs-Sprache, selten oder öfter entstellenden fremden Ausdrücke, zu deren Verstehn und Vermeiden, 3. Aufl., Dresden 1817, S. 75).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (13.03.2024).