Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, Sign. 21070 C.F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 50
Druck: „Briefe L. Spohr’s an das Haus Peters in Leipzig”, in: Leipziger allgemeine musikalische Zeitung 2 (1867), S. 290f., 299, 314f., 338f., 346f., 363 und 379, hier S. 338f. (teilweise)

Thieracher den 18ten August
16.

Ew Wohlgeb1

geehrtes Schreiben vom 11ten July mit dem Wechsel habe ich richtig erhalten und letzterer ist mir auch bereits von dem Herren Combe ausgezahlt worden.
Nehmen Sie zuerst meinen besten Dank für Ihre gütige Zusicherung, der Ausgabe meiner Werke alle Sorgfalt widmen zu wollen und glauben Sie mir, daß ich dieses doppelt zu schätzen weiß, weil leider von mehreren meiner, in Wien verlegten Sachen, auf die ich einen besondern Werth lege, die aller unelegantesten und sogar incorrecktesten Ausgaben gemacht worden sind. Die doppelten Vorzüge Ihrer Ausgaben hingegen, die der Schönheit und Correktheit, verbunden mit Ihrem wahren Kunstsinn, den man (verzeihen Sie mir die Bemerkung) bey Verlegern leider so selten findet, machen es auch mir zum angelegentlichsten Wunsch, künftig alle meine Sachen bey Ihnen verlegt zu sehn und ich werde daher nie verfehlen Ihnen Nachricht zu geben, wenn ich wieder etwas neues geschrieben habe. Nach meinem, jezt entworfenen Reiseplan werde ich im Frühjahr aus Italien zurückkehren und noch einen zweiten Sommer in der Schweitz oder bey einem Freunde in Elsaß verleben. Dann gedenke ich in ländlicher Mu[ße] wieder etwas neues, zum Stich bestimmtes zu schreiben und ich werde Ihnen alsdann die Gattung der Komposition, die Sie am liebsten hätten, zu bestimmen überlassen. Nur müste es ein genre seyn, in welchem ich auch Gelegenheit fände, mein Bestreben zum Fortschreiten der Kenner darzuthun. Am liebsten schriebe ich Quartetten und ich verspreche Ihnen, daß ich alsdann mit größester Sorgfalt über mich wachen will, damit ich nichts hinschreibe, was nicht dem einigermaßen geübten Dilettanten ausführbar seyn soll.
Sind meine lezten 3 Quartetten (bey Mechetti) und die beyden Quientetten (bey Stainer in Wien) noch immer nicht in Leipzig? Ich wünschte sehr, daß diese Sachen in Norddeutschland recht bekannt würden und bitte Sie ergebenst nach Ihren Kräften dazu beyzutragen. Sollten Sie die Quartetten erhalten oder erhalten haben so würden Sie mich sehr verbinden wenn Sie ein Exemplar davon in meinem Nahmen an Andreas Romberg schickten, dem ich sie dedicirt habe und der sie noch gar nicht kennt. – Sollten d[ie] Wiener Verleger immer noch zu keinem rechtlichen und billigen Tauschhandel geneigt seyn, so wünschte ich sehr, daß ein Norddeutscher Verleger obige Sachen nachstäche, wie es die Wiener ohne Bedenken mit Norddeutschen Ve[r]lagsartikeln machen.
Vor2 einigen Tagen sind wir vom Freyburger großen Schweitzer-Musikfest zurückgekehrt, haben aber, obgleich die ganze Anstalt sehr lobenswerth ist und zur Verbreitung des Geschmacks für Musick viel beyträgt, doch nur mein schon früher gefälltes Urtheil bestätigt gefunden, daß die Schweitzer, so wie in der Litteratur und vielen andern Dingen auch in der Musik in Vergleich mit den Deutschen, noch um 100 Jahr zurück sind. Die Aufführungen, dieses im Auslande so berühmten Vereins würden bey uns kaum anzuhören seyn, so wie wir denn auch wirklich nie das Ende haben abwarten können. Dieses Urtheil mögte ich aber hier nicht laut werden lassen; denn die Schweitzer sind gewaltig stolz auf alles was sie besitzen und zu besitzen glauben.3
Im Anfang September werden wir unsere Reise nach Mailand antreten, dort etwa den 10ten eintreffen und bis zu Ende des Monaths verweilen. Sollten Sie mich mit einem Briefe erfreuen wollen, so schreiben Sie mir dorthin oder auch später nach Florenz poste restante. Ich frage in jeder Stadt, mehrere male die Woche nach Briefen auf den Posten nach und so geht mir keiner verlohren.
Die Exemplare meiner neuen Sachen werde ich mir nächstes Frühjahr hieher oder nach Elsaß erbitten.
Leben Sie wohl. Ich bitte um Grüße an meine Leipziger Freunde.
Mit vorzüglicher Hochachtung

der Ihrige
Louis Spohr.4

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Peters
Peters, Carl Friedrich
Erwähnte Personen: Combe
Romberg, Andreas
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Quartette, Vl 1 2 Va Vc, op. 29
Spohr, Louis : Quartette, Vl 1 2 Va Vc, op. 30
Spohr, Louis : Quintette, Vl 1 2 Va 1 2 Vc, op. 33
Erwähnte Orte: Florenz
Freiburg im Üechtland
Leipzig
Mailand
Erwähnte Institutionen: Mechetti <Wien>
Steiner <Wien>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1816081820

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Peters an Spohr, 11.07.1816. Peters’ Antwortbrief vom 10.09.1816 ist derzeit verschollen.

[1] Auf dem Brief hier von anderer Hand, vermutlich dem Herausgeber des gedruckten Briefs, mit rotem Stift folgender Hinweis: „Die Parenthese auf der folgenden Seite bitte nicht abzudrucken“.

[2] Am Beginn dieses Absatzes ist von anderer Hand mit rotem Stift eine Klammer eingefügt, die mit dem Hinweis: „Nicht abzudrucken“ versehen ist.

[3] Hier endet die oben beschriebene Klammer.

[4] Auf der letzten, unbeschriebenen, Seite des Briefes befindet sich von anderer Hand der Empfangsvermerk des Verlags: „1816 / 18 Aug / 2 Sept / 10 '' / Thieracher / Spohr.“

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (05.09.2016).