Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, 21070 C. F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 47
Druck: „Briefe L. Spohr’s an das Haus Peters in Leipzig”, in: Leipziger allgemeine musikalische Zeitung 2 (1867), S. 290f., 299, 314f., 338f., 346f., 363 und 379, hier S. 315

Thieracher bei Thun im Kanton
Bern den 15ten Juni 16.

Wohlgeborner
Hochzuverehrender Herr,1

Ihre beyden Schreiben vom 27sten und 31sten habe ich kurz nach einander richtig erhalten und danke Ihnen recht sehr daß Sie meine Bitte um eine schnelle Antwort berücksichtigten. Zwar habe ich es aufgegeben, Ende dieses Monaths nach Zürich zur Tagssatzung2 zu gehen und werde hier bis zum 8ten August verweilen, wo ich alsdann das große Schweitzer-Musikfest in Freyburg zu besuchen gedenke, um von dort aus sogleich meine Reise über Lausanne, Genf durch Wallis über den Simplon nach Mayland fortzu setzen; allein da die Manuscripte fertig daliegen, so ist es mir lieb sie sogleich abschicken zu können, welches nächsten Mittwoch mit der fahrenden Post ohnfehlbar geschehen soll.
Ihrem Wunsche gemäß werde ich Ihnen die Partitur überschicken, die ich jetzt noch in Hinsicht der Stricharten und des Fingersatzes auf das genaueste bezeichnen will. Ich bitte Sie ergebenst Ihren Stecher darauf aufmerksam zu machen, daß er beydes mit derselben Genauigkeit bezeichne, weil sonst manches eigenthümliche meiner Spielart verloren gehen würde.
Was das Honorar betrifft, so habe ich bereits das möglichst niedrigste angesezt und Sie werden selbst, wenn Sie die Sachen sehen werden, 40 Carolin für 5 Werke sehr billig finden. Die Duetten und die Polonaise sind nicht schwer und eignen sich zu allgemeiner Verbreitung[.] Das Concert wird zwar nur von ausgezeichneten Violinisten öffentlich gespielt werden können; da es aber derhalben wo ich es spielte, große Sensation machte, so wird es demohmgeachtet viel gekauft werden.
Da ich Ursache zu haben glaube auf diese 5 Werke stolz zu seyn, so wünschte ich, daß bey ihrem Erscheinen in der musikalischen Zeitung die Rede von ihnen sey. Da sowohl Hr. Kühnel wie auch ich selbst früher mit Hrn. Härtel nicht im besten Vernehmen standen, so ist von allen meinen Sachen, die im Bureau de Musique verlegt worden sind, nie eine Rezension in der mus[.] Zeitung erschienen, eben so wenig wie von vielen andern meiner Werke bey andern Verlagen z. B. der ersten Sammlung meiner Lieder, wo ich es besonders erwartet hatte, da diese Lieder, wie auch die beyden neuen Sammlungen in Form und andern wesentlichen Dingen sehr von allen frühern andrer Komponisten abweichen. Ich bitte Sie daher, wenn es Ihnen räthlich scheint, meine Klagen darüber dem Hr. Hofrath Rochlitz gelegentlich zu hören zu geben3 und von diesen neuen Sachen Rezensionen zu veranlassen und zu diesem Behuf die Partituren wenn Sie sie nicht gebrauchen, an die Redaction der musikalischen Zeitung zu übergeben.
Ich wünschte zwar, daß die Sachen in der Folge erschienen wie ich die Nummern bezeichnet habe, nämlich:
2te Sammlung der Lieder 37tes Werk. NB.
Violinconcert                    38 '' '' .
3 Duetten                         39 '' '' .
Polonaise                         40 '' '' .
3te Sammlung der Lieder 41 '' ''
sollten Sie aber eine andere Folge wünschen, so bitte ich Sie nur, die Nummern abzuändern und es nach Ihrem Gefallen einzurichten. Es wäre mir aber sehr angenehm wenn die Sachen so bald wie möglich erschienen. (NB. Die zwischen dem Notturno und diesen Sachen fehlenden 2 Nummern sind 2 Harfenkompositionen, die ich vor 6 Monathen an Hr. Simrock in Bonn verkauft habe.)
Die erste Sammlung Lieder habe ich der Fürstin von Carolath (in Carolath bey Neustädtel in Schlesien) die 2te Sammlung Hrn. Methfessel (Kammersänger in Rudolstadt) und die dritte den Herren Preising (Kammermusici in Gotha) dedicirt. Da ich sehr fern seyn werde, wenn die Sachen erscheinen, so würden Sie mich sehr verbinden, wenn Sie die Güte hätten, ein Dedicationsexemplar an obige Personen gefälligst abzuschicken und mit ein paar Zeilen zu begleiten, worin Sie die Ursache angeben, warum ich selbst dieses nicht thun kann.
Ich habe mich durch einen Freund in Bern erkundigen lassen, welche der dortigen Handelshäuser mit den Leipzigern in Verbindung stehen und erfahren daß mehrere, namentlich Zeerleder mit Frege in Leipzig in Abrechnung stehen. Ich ersuche Sie daher mir nach Empfang der Manuscripte einen Wechsel auf ein Berner Handelshaus gefälligst zu übersenden.
Schließlich versichere ich Sie, daß es auch mir äußerst angenehm seyn wird, mit Ihnen in fortdauerner Verbindung zu stehn und daß ich daher nicht verfehlen werde, Ihnen von Zeit zu Zeit meinen Aufenthalt anzuzeigen. – Sollte ich heute noch etwas vergessen haben, so werde ich dem Paquet noch ein paar Zeilen beylegen.
Mit vorzüglicher Hochachtung

der Ihrige
Louis Spohr.



Dieser Brief ist die Antwort auf die beiden verschollenen Briefe Peters an Spohr, 27. und 31.05.1816. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Peters, 20.06.1816.

[1] Am linken Seitenrand befinden sich von anderer Hand noch der Eingangs- und Beantwortungsvermerk des Verlags: „1816 / 15 Juny / 28 '' / 11 Juli / Thieracher / Spohr“.

[2} Bis 1848 Versammlung von Abgesandten der schweizer Kantone (vgl. Andreas Würgler, „Tagssatzung”, in: Historisches Lexikon der Schweiz).

[3] Vgl. Spohr an Friedrich Rochlitz, 21.09.1817.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (05.09.2016).