Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, 21070 C. F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 44
Druck: „Briefe L. Spohr’s an das Haus Peters in Leipzig”, in: Leipziger allgemeine musikalische Zeitung 2 (1867), S. 290f., 299, 314f., 338f., 346f., 363 und 379, hier S. 314f.

Sr. Wohlgeb.
Herrn Peters
(Bureau de Musique.)
in
Leipzig.

franco.1


Wohlgeborner Herr,

In Betracht dessen was Sie mir wegen des beschränkten Absatzes meiner Harmoniemusick sagen, will ich gern mit dem mir überschickten Honorar zufrieden seyn. Daß ich übrigens Herrn Kühnel meine Manuscripte viel wohlfeiler gab als allen übrigen Verlegern, geschah aus Dankbarkeit, weil er mich bey meiner ersten Ausflucht als Künstler sehr freundschaftlich aufnahm und meine ersten Kompositionen in seinen Verlag nahm, ohne daß ich ihm, statt eines zu empfangenden Honorar's, 100 Exemplare meines eigenen Werks für mein baares Geld abkaufen mußte, wie das früher bey meinem ersten Concerte2 von Herrn Härtel mir zur Bedingung gemacht wurde, ohnerachtet Hr. Härtel sehr reich und Herr Kühnel damals noch sehr arm war. Um Ihnen übrigens zu beweisen, daß ich für die Harmoniemusick, im Vergleich mit den kürzlich in Wien von mir verkauften Manuscripten, nicht zu viel gefordert hatte, setze ich Ihnen den Preiß derselben her. An Hrn. Mechetti 3 Quartetten 60 Ducaten in Gold. An Hrn. Steiner 2 Quintetten, 1 Quartett, 1 Octett und 1 Nonett 100 Ducaten.3 Diese 8 Kompositionen hatte ich für einen Privatmann geschrieben und sie waren für den Preiß von 260 Ducaten bedungen.4 Dieser Mann, der5 früher die Cantate, (welche nun mit seiner Bewilligung den 19ten October in Frankenhausen gegeben werden wird,)6 von mir hatte componiren lassen und bereits mit 200 Ducaten bezahlt hatte, wurde im lezten Jahr meines Aufenthalts in Wien, wie ich ihm eben die Manuscripte übergeben wollte, banquerotte und ich war genöthigt sie an die Verleger zu verkaufen. Für die 100 Ducaten die ich dabey einbüßte gab er mir aber einen Wechsel in einem Jahr zahlbar; und da der Mann 2 große Tuchfabriquen besizt, so ist es warscheinlich, daß er sich bis dahin wieder erhohlt haben und mein Wechsel alsdann ausgezahlt werden wird.
Lassen Sie den Zusatz (für die Hofmusik in Sondersh. geschrieben) nur weg und bemerken Sie wenn Sie wollen die einzelnen Musikstücke auf dem Titel. Ein Dedications Exempl. bitte ich an Hrn. Hermstedt in Sondershausen zu schicken. – Da ich jezt wegen meinen Quartetten nach Wien geschrieben habe7 und sie noch hier zu bekommen hoffe, so werde ich an Hrn. Romberg8 selbst ein Ex. geben und danke Ihnen für Ihr gütiges Anerbieten.
Bis zu Ende October werde ich in hiesiger Gegend bleiben. Sollten Sie mich daher mit einem Schreiben beehren wollen, so bitte ich es nach Frankenhausen oder auch hieher zu schicken. Verzeihen Sie die Eile mit der ich dieß ge[schrieben]9 habe und empfangen Sie die Versicherung [meiner]10 Hochachtung.

Louis Spohr.

Gotha den 13ten Sept
15.



Dieser Brief ist die Antwort auf den verschollenen Brief Peters an Spohr, 06.09.1815. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Peters, 18.05.1816.

[1] Über dem Adressfeld befindet sich von anderer Hand der Eingangsvermerk des Verlags: „1815 / 13. Sept. / 16 '' / Gotha / Spohr.“.

[2] Die Worte „bey meinem ersten Concerte“ sowie der Name Härtel in den folgenden beiden Zeilen sind von späterer Hand mit Röthelstift in Klammern gesetzt. Dazu findet sich auf der ersten Seite des Briefs der folgende Vermerk von dergleichen Hand – möglicherweise des Redakteurs der LAMZ, der 1867 den Abdruck des Briefs besorgte - mit Röthelstift: „Die Parentsachen bitte nicht abzudrucken.“

[3] Bei Steiner in Wien erschienen Spohrs Quintette op. 33, das Streichquartett op. 30, das Oktett op, 32 und das Nonett op. 31.

[4] Der Tuchfabrikant Johann Tost hatte mit Spohr eine Übereinkunft getroffen, nach der ihm dieser sämtliche in Wien komponierten Kammermusikwerke für die Dauer von drei Jahren gegen ein Entgelt überließ (Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 1, S. 163f., Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; ders., Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 1, Kassel und Göttingen 1860, S. 182f.).

[5] Gestrichen: „mir“.

[6] Vgl. „Musikfest in Frankenhausen”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 17 (1815), Sp. 767-770.

[7] Dieser Brief an Siegmund Anton Steiner, den Verleger der Quartette op. 30, ist derzeit verschollen.

[8] Andreas Romberg war der Widmungsträger des Streichquartetts op. 30.

[9] Textverlust durch Siegelausschnitt, von anderer Hand ergänzt.

[10] Textverlust durch Siegelausschnitt, von anderer Hand ergänzt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (05.08.2016).

Wohlgeborner Herr,

In Betracht dessen was Sie mir wegen des beschränkten Absatzes meiner Harmoniemusik sagen, will ich gern mit dem mir überschickten Honorar zufrieden seyn. Daß ich übrigens Herrn Kühnel meine Manuscripte viel wohlfeiler gab als allen übrigen Verlegern, geschah aus Dankbarkeit, weil er mich bey meiner ersten Ausflucht als Künstler sehr freundschaftlich aufnahm und meine ersten Kompositionen in seinen Verlag nahm, ohne daß ich ihm, statt eines zu empfangenden Honorar's, 100 Exemplare meines eigenen Werks für mein baares Geld abkaufen mußte, wie das früher bey meinem ersten Concerte von Herrn ... mir zur Bedingung gemacht wurde, ohnerachtet Hr. ... sehr reich und Herr Kühnel damals noch sehr arm war. Um Ihnen übrigens zu beweisen, daß ich für die Harmoniemusick, im Vergleich mit den kürzlich in Wien von mir verkauften Manuscripten, nicht zu viel gefordert hatte, setze ich Ihnen den Preiß derselben her. An Hrn. Mechetti 3 Quartetten 60 Ducaten in Gold. An Hrn. Stainer 2 Quintetten, 1 Quartett, 1 Octett und 1 Nonett 100 Ducaten. Diese 8 Kompositionen hatte ich für einen Privatmann geschrieben und sie waren für den Preiß von 260 Ducaten bedungen. Dieser Mann, der früher die Cantate, (welche nun mit seiner Bewilligung den 19ten October in Frankenhausen gegeben werden wird,) von mir hatte componiren lassen und bereits mit 200 Ducaten bezahlt hatte, wurde im lezten Jahr meines Aufenthalts in Wien, wie ich ihm eben die Manuscripte übergeben wollte, banquerott und ich war genöthigt sie an die Verleger zu verkaufen. Für die 100 Ducaten die ich dabey einbüßte gab er mir aber einen Wechsel in einem Jahr zahlbar; und da der Mann 2 große Tuchfabriquen besizt, so ist es warscheinlich, daß er sich bis dahin wieder erhohlt haben und mein Wechsel alsdann ausgezahlt werden wird.
Lassen Sie den Zusatz (für die Hofmusik in Sondersh. geschrieben) nur weg und bemerken Sie wenn Sie wollen die einzelnen Musikstücke auf dem Titel. Ein Dedications Exempl. bitte ich an Hrn. Hermstedt in Sondershausen zu schicken. – Da ich jezt wegen meinen Quartetten nach Wien geschrieben habe und sie noch hier zu bekommen hoffe, so werde ich an Hrn. Romberg selbst ein Ex. geben und danke Ihnen für Ihr gütiges Anerbieten.
Bis zu Ende October werde ich in hiesiger Gegend bleiben. Sollten Sie mich daher mit einem Schreiben beehren wollen, so bitte ich es nach Frankenhausen oder auch hieher zu schicken. Verzeihen Sie die Eile mit der ich diess geschrieben habe und empfangen Sie die Versicherung meiner Hochachtung.

Gotha den 13ten Sept. 1815.

Louis Spohr.