Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C. F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 36
Druck 1: „Briefe L. Spohr’s an das Haus Peters in Leipzig”, in: Leipziger Allgemeine musikalische Zeitung 2 (1867), S. 290f., 299, 314f., 338f., 346f., 363 und 379, hier S. 299
Druck 2: Horst Heussner, Die Symphonien Spohrs, Phil. Diss. Marburg 1956, Anh. S. 9 (teilweise)

Herrn
Herrn A. Kühnel.
(Bureau de Musique.)
in
Leipzig.

franco.
Nebst einem kl. Paquet
Musikalien in weißem
Papier. gez. H.A.K.1


Gotha den 1sten Januar 12.

P. P.

Beykommend erhalten Sie, mein lieber Freund, die Partitur meines Clarinetten-Concerts. Haben Sie die Güte es nun so bald als möglich erscheinen zu lassen. Ich habe, damit es gemeinnütziger werde, alle schweren Stellen mit kleinen Noten über der Prinzipalstimme in leichtere abgeändert, und damit die Clarinettisten sich durch die Unvollkommenheit ihrer Instrumente von dem Studium dieses Concerts nicht abschrecken lassen, eine kl. Vorrede dazu geschrieben, die sie lehrt ihre Clarinetten wie Hermstädt und andere gute Clarinettisten zu verbessern. Lassen Sie doch diese auf der Rückseite des Titels vor der Principalstimme abdrucken.
Den Titel wünsche ich der Vorrede wegen teutsch, folgendermaßen:
Erstes Concert für die Clarinette mit Begleitung des Orchester; komponirt und seinem Freunde Herrn Musikdirector Hermstedt in Sondershausen zugeeignet von Louis Spohr.
26tes Werk.
Obgleich der Recensent2 meiner Sinfonie ziemlich hart mit mir umgesprungen3, und gegen manches Gute meiner Komposition absichtlich blind gewesen ist, (besonders gegen das Larghetto) so hat er doch darin sehr recht, daß das Scherzo zu lang sey, und ich habe daher auch schon in Frankenhausen4 und neuerdings in Hamburg die beyden ersten Theile grade durchgemacht, wodurch diesem Übelstande größten Theils abgeholfen wird. Wä[re] es nicht möglich in den noch nicht verschickten Exemplaren die Repetitions-Zeichen auszulöschen?
Mit der Aufnahme meiner Oper in Hambu[rg] kann ich sehr zufrieden seyn.5 Sie erhielt vielen Beyfall, ohnerachtet das Gesangpersonal nicht das beste war, (indem Mad. Becker die vorzüglichste Sängerin, ihrer unpassenden Figur wegen, die erst[e] Rolle wieder zurückgegeben hatte und gar nicht sang) und das Süjet nicht das geringste Interesse erregte. Das Orchester aber war durch den Beytritt vieler ausgezeichneter Künstler (Romberg, Hermstädt, Grund und mehrere andere) ganz vorzüglich gut besezt. Die 3 ersten Vorstellungen dirigirte ich selbst. Jezt wird nun Rombergs Oper6 schon gegeben seyn oder doch bald gegeben werden.
Mit Achtung und Freundschaft der Ihrige

L. Spohr.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Kühnel, 12.07.1811. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Kühnel an Spohr, 16.03.1812.

[1] Unter dem Adressfeld befindet sich von anderer Hand der Eingangsvermerk des Verlags: „1812 / d.1. Jan. / '' 5. ''. / Spohr / Gotha.“

[2] Der im Artikel nicht namentlich genannte Rezensent von Spohrs erster Sinfonie in der Allgemeinen musikalischen Zeitung war E.T.A. Hoffmann ([E.T.A. Hoffmann], Rez. „Première Symphonie pour 2 Violins, 2 Flûtes, 2 Hautbois, 2 Clarinettes, 2 Bassons, 2 Cors, 3 Trombones, 2 Trompettes, Timbales, Viole, et Basse, composée et dediée à Messieurs les Directeurs du grand Concert à Leipzig par Louis Spohr. Oeuvr. 20 [...]”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 13 (1811), Sp. 797-806 und 813-819).

[3] Gestrichen: „ist“.

[4] Vgl. „Das große Konzert in Frankenhausen, am 10ten Juli dieses Jahres und den folgenden Tagen”, in: Zeitung für die elegante Welt 11 (1811), Sp. 1233-1237, hier Sp. 1235; „Notizen”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 13 (1811), Sp. 578ff., hier Sp. 579.

[5] Spohrs Oper „Der Zweikampf mit der Geliebten“ wurde am 15.11.1811 in Hamburg uraufgeführt (vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 1, S. 145ff., Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; ders., Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 1, Kassel und Göttingen 1861, S. 163ff.; dort sind die im Brief angedeuteten Umstände der Uraufführung ausführlich beschrieben).

[6] Die Uraufführung von Andreas Rombergs Oper Die Ruinen von Paluzzi fand am 27.12.1811 statt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (28.07.2016).