Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hamburg, den 27sten 7ter, 1811.
 
Hochgeehrter Herr und Freund!
 
Wie ein Kind zum Weihnachten, so freue ich mich, Sie bald wieder bei uns zu sehen und Ihre herrliche Oper, von der ich die Partitur einige Tage im Hause gehabt habe, aufführen zu hören.1
Sollten Sie noch kein Logi hier bestellt haben, so kann ich Ihnen ein sehr gutes, bequemes und billiges bei Herrn Gronow in der großen Johannisstraße mit allem nur wünschenswerthen Zubehör empfehlen.
Mehrere hiesige Concertgebende Künstler spekuliren bereits, wie ich wohl gehört habe, auf Sie, um Sie auf eine ähnliche Art, wie Herr Schmidt, bei Ihrem lezten Hierseyn, zu buchen.2 Ich schrieb Ihnen dieses, weil ich voraus setze, daß es Ihnen lieb seyn wird, von solchen und ähnlichen Zudringlichkeiten nicht ganz unvorbereitet überrascht zu werden.
Daß Winters Oper: Die Pantoffeln gar nicht, und seine Maria Montalban sehr wenig gefallen hat, wissen Sie wahrscheinlich schon. Auch Glucks Iphigenie ist sehr kalt aufgenommen und eine Oper von Clasing: Wer ist der Rechte, nach Würden ausgezischt und ausgepfiffen worden.3
Daß Ihre Oper ein besseres Schicksal als eine der hier angeführten verdient und auch wirklich haben wird, dafür stehe ich.
Leben Sie recht wohl, und erfreuen Sie uns recht bald durch Ihre Gegenwart.
Meine Frau, Sohn pp. empfehlen sich Ihnen und den Ihrigen bestens so wie Ihr ganz
 
ergebener
Schwencke.



Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Schwencke, 23.09.1819.
 
[1] Spohrs Oper Der Zweikampf mit der Geliebten, die er im Auftrag des Direktors des Hamburger Theaters, Friedrich Ludwig Schröder komponiert hatte, wurde am 15.11.1811 in Hamburg uraufgeführt. Christian Friedrich Gottlieb Schwencke fertigte den 1813 veröffentlichten Klavierauszug an.
 
[2] Bei seinem Hamburger Aufenthalt im Jahr 1810 hatte Spohr für den Schauspieler Friedrich Ludwig Schmidt, als er von dessen wirtschaftlicher Notlage hörte, eine Benefizkonzert gegeben. Dieses brachte Schmidt die „kolossale Summe von 1688 Mark“ ein (Friedrich Ludwig Schmidt, Denkwürdigkeiten des Schauspielers, Schauspieldichters und Schauspieldirektors Friedrich Ludwig Schmidt (1772 – 1841), hrsg. v. Hermann Uhde, Hamburg 1875, S. 299).
 
[3] Zu den genannten Opernaufführungen vgl. „Hamburg, d. 8ten Sept.“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 13 (1811), Sp. 652ff.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (23.04.2018).