Autograf: The British Library London (GB-Lbl), Sign. Add MS 33965 f 315

Stuttgard den 5ten
Februar 1808.

Lieber Freund,

Nachgerade nähern wir uns der Heimath wieder und nun erwacht der Gedanke, meine Frau mit einem Pianoforte zu beschenken von neuem wieder in mir, und zwar möchte ich ich sie bey unserer Rückkunft damit überraschen. Hören Sie also meine Bitte und helfen Sie mir ihr diese Freude zu bereiten. Sie wählen unter Ihren Instrumenten als mein Freund eins, was einen kräftigen, klaren und gleichen Ton hat, von contra f. bis 4 gestr. C geht und sich durch eine dauerhafte Mechanick zum kräftigen Concertspiel besonders eignet; dieß Instrument lassen Sie gefälligst einpacken, und schicken es nach Gotha, und zwar an Schade, damit dieser Sorge tragen kann, daß es bis zu unserer Zurückkunft gut aufgehoben werde. Das Instrument kann übrigens, wenn es die oben beschriebenen Eigenschaften besizt, seyn von welchem Meister es wolle, das ist mir einerley. Am liebsten hätte ich eins wie Schlicks ihres oder das was Schade zulezt von Ihnen bekommen hat; nur um Himmelswillens keins wie das, was Himmel während seiner Anwesenheit in Gotha von Ihnen erhielt. In Hinsicht des Preises0 bleibt es bey unserer Verabredung. Es darf nicht mehr als 180 höchstens 200 Rth. kosten. Von dieser Summe zahle ich Ihnen die Hälfte sogleich baar, die andre Hälfte in Manuscripten. – Das äußere des Instruments hätte ich am liebsten gelb wie Schlicks1 ihres.
Da wir bis Ende März nach Gotha zurückkehren werden, so dürfen Sie nicht zu lange säumen, indem ich es bey unserer Ankunft vorfinden mögte. Schreiben Sie mir doch gef. nach Frankfurth wo ich im Weidenhofe logiren werde, ob Sie meine Bitte erfüllt haben, und ob ich das Geld an irgend ein Handelshaus in Frankfurth auszahlen1a, oder ob ich es Ihnen von Gotha aus schicken soll.
Meine Quatuors habe ich leider noch nicht vollenden können, weil es mir bis jezt an Zeit fehlte; wollen Sie aber dafür diesen Winter noch den Potpourri den ich in Leipzig spielte, oder Variationen über das Thema aus der Entführung „Wer ein Mädchen hat gefunden“2 stechen, so will ich sie ihnen sogleich schicken. Leztere sind mit ganzem Orchester und erst in München fabrizirt.3
Leben Sie wohl. Nochmals bitte ich Sie wählen Sie als Freund für mich.

Der Ihrige
Louis Spohr.

NS. In den ersten Tagen des Märzes werden wir etwa in Frankfurth eintreffen. Bis dahin erbitte ich mir allso Ihre Antwort.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Kühnel, 16.07.1807. Kühnels Antwortbrief ist derzeit verschollen.

[0] [Ergänzung 24.07.2017:] Hier gestrichen: „bleibt“.

[1] Der Cellist Conrad Schlick und seine Frau Regina geb. Strinasacchi.

[1b] [Ergänzung 24.07.2017:] Hier gestrichen: „soll“.

[2] Spohrs Potpourri G-Dur für Violine mit Begleitung eines kleinen Orchesters op. 23.

[3] Demnach wäre diese Komposition zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen. Dagegen berichtet Spohr später, dass er das Werk zwar während seiner Reise „ersonnen“, aber erst nach der Rückkehr nach Gotha tatsächlich aufgeschrieben habe (Louis Spohr, Lebenserinnerungen, Bd. 1, Tutzing 1968, S. 111, Text mit falscher Pagnierung auch online; ders., Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 1, Kassel und Göttingen 1860, S. 119). Dieser Darstellung schlioss sich Göthel bei der Datierung des Werkes auf April 1808 an (vgl. Folker Göthel, Thematisch-bibliographisches Verzeichnis der Werke von Louis Spohr, Tutzing 1981, S. 36).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (12.07.2016).