Autograf: Österreichische Nationalbibliothek Wien (A-Wn), Sign. Autogr. 7/100-1
Sr. Wohlgeb.
dem Herrn Rath Keller.
in
Petershausen.
Gotha den 17ten October
7.1
Liebster Freund,
Ehe ich von Gotha scheide und die so lange projectirte Reise anrete, erlauben Sie mir mich mit Ihnen noch einmahl freundschaftllichst zu unterhalten.
Unser Freund Wizenmann geht heute von hier ab, und ich kann ihm das Zeugnis mitgeben, daß er nicht allein seine Zeit sehr gut angewandt hat, sodern auch durch seine Bescheidenheit, seine Herzensgüte, seine Dienstfertigkeit und so viele andere gute Eigenschaften alle Herzen gewonnen hat, daß besonders unser ganzes Haus bey seinem Abgange innig trauert. Seine Furchtsamkeit beherrscht ihn leider noch immer, und hat ihre Gewalt über ihn erst noch kürzlich documentirt, wo er in unserm Hofconcerte ein Concert von mir spielte. In der Probe ging es nicht so gut wie zu Haus und Abends wieder nicht so gut wie in der Probe. Bey alledem gefiel er sehr, und ich bin daher fest überzeugt daß er in Carlsruhe noch mehr gefallen wird, wo man sein jeziges Spiel mit dem ehemaligen vergleichen kann. Auch hat er seit Ihrem Hierseyn noch bedeutend gewonnen, besonders in der Gewandtheit, sowohl des Bogenstrichs, als auch der linken Hand. - Ich freue mich herzlich darauf den guten Jungen bald wieder zu sehn, und seine braven Eltern und Geschwister kennen zu lernen. Wären Sie doch auch nur noch in Karlsruhe!!!
Wie geht es Ihnen denn am Boden See? Denken Sie nun nicht bald auf ein liebes Weibchen und einen respectabeln Amtmannsbauch?2 Wenn ich in ein paar Jahren einmahl zu Ihnen komme muß beydes schon zugelegt seyn.
Mein Weib jammert sehr, daß sie ihr Mädchen3 verlassen soll, und nur die Aussicht auf eine angenehme und nüzliche Reise kann sie etwas trösten.
Da ich nicht weiß, ob Sie unsere Reiseroute noch wissen, so schreibe ich sie Ihnen noch einmahl her: Weimar, Leipzig, Dresden, Prag, Regensburg, München, Augsburg, Ulm, Stuttgard, Carlsruhe, Heidelberg, Mannheim, Darmstadt und Frankfurth. Wenn Sie mir nicht eher schreiben, so erwarte ich doch wenigstens in München einen Brief von Ihnen.
Und nun leben Sie wohl theuerster Freund und erinnern Sie sich zuweilen Ihres
Sie herzlich liebenden Fre[undes]
Louis Spohr
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Keller, Xaver |
Erwähnte Personen: | Spohr, Dorette Witzenmann, Johann Friedrich Zahn, Emilie |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Augsburg Darmstadt Dresden Frankfurt am Main Heidelberg Karlsruhe Leipzig Mannheim München Petershausen Prag Regensburg Stuttgart Ulm Weimar |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1807101717 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Keller, 15.11.1806. Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Keller an Spohr, 21.06.1808.
[1] Unter dem Datum von anderer Hand Empfangs- und Antwortvermerk des Empfängers: „R 23 dass. / 11. Juli 1808.“
[2] Keller war im Juni 1807 als Amtsmann nach Petershausen versetzt worden (vgl. Regierungsblatt des Großherzogsthums Baden 5 (1807), S. 92).
[3] Die älteste Tochter Emilie, später verh. Zahn.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.05.2017).