Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C. F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 17
Druck: „Briefe L. Spohr’s an das Haus Peters in Leipzig”, in: Leipziger Allgemeine Musikalische Zeitung 2 (1867), S. 290f., 299, 314f., 338f., 346f., 363 und 379, hier S. 290

Gotha den 24sten
Januar 1807.

Liebster Freund,

Vor einigen Tagen kam der dicke Himmel bey uns an und brachte Grüße von Ihnen, wofür wir schönstens dancken. Er hat alles Klavierspielende wieder in Thätigkeit gesezt und meine Frau studirt recht fleißig um ihm seine Sonaten recht bald vorspielen zu können.1 Nur thut es ihr leid so viel daran ändern zu müssen indem ihr Pianoforte, das übrigens nicht übel ist, nur bis f geht; und dieß hat mich auf den Gedanken gebracht, ihr an einem sehr feierlichen Tage, den ich bald zu erleben hoffe2, ein Präsent mit einem Wiener Pianoforte zu machen. An wen könnte ich mich wohl besser wenden, um diesen Wunsch zu realisiren, als an Sie? – Hören Sie allso meinen Vorschlag: Ich wünschte ein Instrument zu besitzen, was bey einem einfache[n] Äußern (etwa wie die, die Schlicks3 und Schade von Ihnen haben) einen kräftigen Ton, mit einem eben so leichten Anschlage verbunden, besäße und von contra f. bis viergestr. c ginge. Da ich Ihnen aber, wie Sie leicht denken können, kein bares Geld geben kann, so proponiere ich Ihnen, ob Sie statt dessen (nachdem wir über den Preiß des Instruments einig geworden wären,) zu der Summe die ich bey Ihnen gut habe, noch so viel von meinen Manuscripten nehmen wollten, daß das Instrument bezahlt sey. Übrigens ist meine Idee nich[t,] daß Sie gleich so viele meiner Kompositionen nehmen sollen, sondern Sie sol[len] nur, wenn Sie meinen Vorschlag annehmen, unter folgenden Manuscripten die zum Theil fertig sind, zum Theil aber auch noch gemacht werden sollen, eine Auswahl treffen:
2 neue Violinquartetten4 als Fortsetzung meiner 2 ersten.5
1 Quartett für die 1ste Violine im genre der Rodischen; so eben fertig geworden.6
1 Ouverture fürs ganze Orchester, aber nicht dieselbe, die ich Ihnen versprochen habe.7
3 Violinduetts, die aber noch nicht zur Hälfte fertig sind.8
Einige Concerte für Violine unter denen Sie die Auswahl haben sollen und endlich einige Scenen aus meiner Oper worunter eine für Diskant mit obligater Violine ist.9 Ich habe nemlich gesehen daß Sie zum Gebrauch der Concerte einzelne Scenen herausgeben und habe allso gedacht, daß Ihnen mit diesen Scenen vieleicht gedient sey.
Überlegen Sie sich nun meinen Vorschlag und antworten Sie mir sobald wie möglich. Genemigen Sie ihn so beschreiben Sie mir einige Ihrer Instrumente ein wenig und setzen Sie die Preise bey, auch bemerken Sie was Sie von meinen Sachen am liebsten zu haben wünschten dann wollen wir, hoffe ich, schon darüber einig werden.
Leben Sie wohl und grüßen Sie alle Bekante und Freunde.

Der Ihrige
L. Spohr.

N.S. Nochmals bitte ich Sie mir auf alle Fälle Ihres Entschlußes bald Nachricht zu geben, damit ich auf jeden Fall Zeit genug habe, meiner Frau auf den bemerkten Tag, der vieleicht schon in 6 bis 8 Wochen ist, die Freude zu bereiten, auch ein Instrument zu besitzen, worauf sie die neuern Kompositionen spielen kann.10



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Kühnel, 06.12.1806. Kühnels Antwortbrief ist derzeit verschollen.

[1] Zu Friedrich Heinrich Himmel in Gotha vgl. „Gotha d. 20 März 1807”, in: Zeitung für die elegante Welt 7 (1807), Sp. 407f. und 415f., hier Sp. 407 und 415.

[2] Wie aus Spohr an Kühnel, 02.02.1807 hervorgeht, die Geburt seines ersten Kinds; Emilie, später verh. Zahn, wurde am 27.05.1807 geboren.

[3] Der Cellist Conrad Schlick und seine Frau Regina geb. Strinasacchi.

[4] Die beiden Quartette op. 15 wurden erst 1809 bei Kühnel veröffentlicht.

[5] Op. 4.

[6] Das Quartett op. 11 erschien 1808 bei Simrock.

[7] Im Brief zwischen 16. und 19.07.1806 hatte Spohr Kühnel die Ouvertüre in C-Dur (op.12) als Dreingabe zu seinem Konzert op. 7 und den Variationen op. 6 und 8 angeboten, für die Kühnel insgesamt keine 100 Rth. zahlen wollte. Letztendlich wurde die Ouvertüre op. 12 1808 bei Simrock veröffentlicht, ebenso wie 1809 die Ouvertüre zur Oper Die Prüfung, auf die sich Spohr hier wahrscheinlich bezieht.

[8] Die zwei Duos für zwei Violinen op. 9 erschienenen 1807 bei Kühnel.

[9] Mit Ausnahme der Ouvertüre (s.o.) wurde nichts aus Spohrs 1806 in Gotha komponierter Oper Die Prüfung veröffentlicht.

[10] Auf der vierten und letzten Seite des Briefes befindet sich von anderer Hand der Empfangsvermerk des Verlags: „1807 / 24 Jan. / 28 '' / Spohr / in / Gotha.“

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (08.07.2016).