Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus.ep. Spohr, L. 1
Wohlgeborner,
Hochzuverehrender Herr Canzley-Secretair,1
Es ist dem Künstler in unsern kriegerischen, für Wissenschaften und Künste größtenteils so ungünstigen Zeiten eine so seltene, aber desto angenehmere Erscheinung die Bekanntschaft eines Mannes zu machen, der die Kunst ihrer selbst willen liebt, daß ich Ew. Wohlgeb nicht genug danken kann mir Gelegenheit verschafft zu haben, Ihnen als einen wahren Verehrer der Musik meine Hochachtung zu zeigen.
Aus Ihrem geehrten, für mich so schmeichelhaften Schreiben ersehe ich deutlich, daß Sie sich sowohl mit der Theorie als Praxis der Musik wohl vertraut gemacht haben und sich so von dem gewöhnlichen Fraß der Diletanten, die nur der Mode frönen, und sich selten bis zur richtigen Ansicht der Kunst und würdigen Beurtheilung des Künstlers erheben, rühmlichst auszeichnen.
Ihr junger Freund hätte also keine bessere Empfehlung erhalten können, und ich würde mit Vergnügen sogleich seinen Unterricht übernehmen, wenn ich mir nicht vorgenommen hätte nächsten Winter mit meiner Frau eine musikalische Reise durch Deutschland zu machen2; und leider kann ich noch nicht bestimmen, ob ich dazu in der ersten oder letzten Hälfte des Winters Urlaub erhalten werde, indem wir auf einige Monath eine Schauspieler Gesellschaft erwarten3, bey deren Anwesenheit ich gar nicht abwesend sein kann.
Sollte meine Reise aber, wie mir am wahrscheinlichsten ist, in die ersten Winter-Monathe fallen, so würde ich um Weihnachten zurückkehren, und könnte alsdann den Unterricht Ihres Freundes4, wenn ihm seine Lage nehmlich eine solche Verzögerung erlaubt, sogleich beginnen.
Eine noch bestimmtere Nachricht hierüber so wie über die Art meines Unterrichts und die Kosten eines Aufenthaltes hier, hoffe ich Ihnen in 6 bis 8 Wochen geben zu können.
Bis dahin habe ich die Ehre mit der vollkommensten Hochachtung zu seyn
Ew. Wohlbgeb.
gehorsamster Diener
Louis Spohr.
Gotha den 7ten Aug.
1806.
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Keller, Xaver |
Erwähnte Personen: | Spohr, Dorette Witzenmann, Johann Friedrich |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Gotha |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1806080717 |
Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Keller an Spohr. Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Keller an Spohr, 06.11.1806.
[1] Über der Anrede von anderer Hand vermutlich der Empfansgsvermerk des Empfängers: „R 13t Augs. 1806.“
[2] Vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 1, S. 98f., Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; ders., Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 1, Kassel und Göttingen 1860, S. 104.
[3] Noch nicht ermittelt.
[4] Johann Friedrich Witzenmann.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (05.05.2017).