Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C. F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 11

Gotha den ten Juli1
1806.
 
P. P.
 
Da Sie bester Freund meine Forderung von 100 Rth. für ein Concert2 und 2 Variationen nicht acceptiren können, so biete ich Ihnen noch eine Ouvertüre, fürs ganze Orchester, die ich so eben fertig gemacht habe zum Verlag an, und proponire Ihnen obige Summe von 100 Rthl. für alle 4 Kompositionen festzusetzen. Sollte Ihnen dies gefällig seyn, so würde ich Ihnen die Ouverture jezt, oder wie Sie es verlangten auf Michaelis überschicken. Wäre Ihnen dieser Vorschlag aber auch nicht annehmlich, so bitte ich Sie die Herausgabe des Concerts und der Variationen nur zu beschleunigen, und wir werden ja dann, wenn ich nächsten Herbst durch Leipzig reise, schon um einen Preis einig werden. Übrigens gestehe ich Ihnen, daß ich meine Forderung, ohne unbillig zu seyn, wohl wie in dem vorigen Briefe machen konnte, indem ich Rücksicht auf mehrere ältere Concerte nehmen mußte, die vieleicht alle eine Herausgabe verdient hätten, die ich nun aber nach dem neuesten in c nicht darf folgen lassen, das in H mol3 etwa ausgenommen, welches sich mit dem neuesten in Hinsicht der Arbeit wohl messen darf.
Wie ich gelesen habe, hat der junge Grünewald kürzlich ein Concert von mir in Leipzig gespielt.4 Gefiel es?
Leben Sie wohl.
 
Ihr ergebenster Fr.
L. Spohr
 
NS. Allerdings habe ich das Paquet ganz frankirt. Ich begreife nicht wie Sie haben Postgeld bezahlen müssen; es müßte denn eine Betrügerey des Menschen seyn dem ich es zur Bestellung hinterließ.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Kühnel, Ambrosius
Peters
Erwähnte Personen: Grünewald, Carl Georg
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Konzerte, Vl Orch, op. 10
Spohr, Louis : Konzerte, Vl Orch, op. 7
Spohr, Louis : Ouvertüren, op. 12
Spohr, Louis : Variationen, Vl 1 2 Va Vc, op. 6
Spohr, Louis : Variationen, Vl 1 2 Va Vc, op. 8
Erwähnte Orte: Leipzig
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1806071820

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Kühnel an Spohr, 14.07.1806. Eine Antwort Kühnels ist nicht überliefert. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Kühnel, 03.08.1806.
Einen Postweg von mindestens zwei Tagen vorausgesetzt, muss der Brief zwischen dem 16. und 19.07.1806 entstanden sein.
 
[1] Spohr lässt in diesem Brief das genaue Datum offen. Er schreibt tatsächlich nur „Gotha den ten Juli“, wobei er Platz für die Ziffer des Datums lässt, diese also offenbar nachtragen wollte und das dann vergessen hat. Daher wird auch in den üblichen Eingangsvermerken Kühnels, die sich hier auf der zweiten und letzten Seite des Briefs befinden, das sonst angegebene Datum des Briefes offengelassen, während das Datum des Eingangs mit dem 21. Juli 1806 wieder genau angegeben ist: „1806 /Juli / 21 / Spohr / in / Gotha.“
 
[2] Op. 7.
 
[3] Op. 10.
 
[4] Beim Konzert am 01.05.1806 (Datierung nach Bert Hagels, Konzerte in Leipzig 1779/80-1847/48. Eine Statistik, Berlin 2009, pdf auf beigelegter CD-ROM, S. 180) spielte Grünewald „ein noch ungedrucktes, originelless und kunstreiches Violinkonzert von Spohr” („Leipzig”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 8 (1806), Sp. 523-527, hier Sp. 526). Da Grünewald noch in Braunschweig bei Spohr Unterricht hatte (vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 1, S. 85, Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; ders., Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 1, Kassel und Göttingen 1860, S. 88), dürfte es sich um ein Konzert handeln, das Spohr schon vor seinem Umzug nach Gotha komponiert und mit seinem Schüler einstudiert hatte. Dies schließt das von Hagels (ebd.) angenommene, erst in Gotha komponierte Konzert op. 7 aus. Vermutlich handelt es sich um das 1805 in Braunschweig komponierte vierte Violinkonzert in h-Moll, das erst 1808 als op.10 veröffentlicht wurde. In Frage kämen aber auch die ebenfalls bereits in Braunschweig vorliegenden Konzerte WoO 10 und WoO 12 (vgl. Spohr an Kühnel, 10.03.1806).
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (16.06.2016).