Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Kiel, A.:9
Digitale Edition: Carl Louis Bargheer, Fiedellieder plus. Eine digitale Edition, hrsg. v. Joachim Veit, Version 1.1, Detmold 2013 [→ Handschriftliche Dokumente → Sonstige Institutionen → *1837-04-14 August Kiel an Louis Spohr in Kassel, Detmold, 14. April 1837]

Sr. Wohlgebor.
Herrn Dr. Louis Spohr
kurfürstl. hessischer Hof-Capellmeister
in
Cassel

d. G.0


Hochgeehrtester Herr Kapellmeister!
 
Mit höchstem Bedauern mußte ich durch Zeitungsnachrichten1 erfahren, daß das Musikfest, von dem man sich so Ausgezeichnetes versprechen durfte, nicht stattfinden wird. Die näheren Umstände jedoch fehlen, durch welche eine Verhinderung herbeigeführt worden. Sollte das Gerücht wahr sein, daß der Kurprinz die alleinige Ursache des Nichtstattfindens des Musikfestes sein sollte, so muß auch ihn jeder vernünftig denkende Mann bedauern, daß er Gelegenheiten wie diese wodurch Cassel in jeder Beziehung gewönne, unterdrücke. Wenn ich Ihnen nicht unbescheiden erscheine, so möchte ich Ew. Wohlgeboren ersuchen, mir einigen Aufschluß darüber zu geben.
Fräulein Scott konnte nicht eher kommen, da man sie wie ich vermuthete, bis jetzt nicht fortlassen wollte. Es soll mich herzlich freuen, wenn Ihre Erwartungen befriedigt werden, gleichzeitig ersuche ich Ew. Wohlgeboren sie dahin zu unterstützen, daß sie guten Unterricht bekommt. Sie werden finden, daß sie ein gutes aber sehr unerfahrenes Mädchen ist, deshalb werden Sie ein gutes Werk an dem Mädchen thun wenn Sie ihr mit gutem Rathe zur Seite stehen wollen. Es ist mir höchst angenehm Ihnen melden zu können, daß die Aufführung Ihres herrlichen Tonwerkes „des Heilands letzte Stunden“ für unsere Kräfte, eine gelungene werden wird, namentlich werden die Solo-Parthien besser besetzt sein als in Paderborn.
Mit unserer Oper gehts traurig, unsere beiden Bassisten, Fries und Schäfer leiden nämlich seit 6 Wochen an ihrem Untergestell, daß sie nicht gehen können, so kommt es denn daß wir sehr wenige Opern auf die Beine bringen. Der Tenorist Wolff, obgleich wenig einstudirt, da er noch nicht lange das Fach eines ersten Tenoristen bekleidet, ist der Liebling des Publikums, da er vermöge seiner schönen Stimme Alles entzückt. Ich wünschte, daß Sie den Nadori von ihm hörten. Sollte es Ihnen nicht möglich sein, mir von dem Oratorio, die Quartettstimmen, wenn auch nur einfach, zu schicken?, wodurch ich in den Stand gesetzt würde die Chöre noch sorgfältiger einstudiren zu können, als es beim Clavier möglich ist, womit ich dann die anderen Orchesterstimmen Ihrem gütigen Versprechen gemäß, erst Mitte Mai erhalte. Vor einigen Tagen erhielt ich von unserm gnädigen Fürsten eine Gehaltszulage von 100 Talern.2 Mein erster Dank gehörte Ihnen, da Sie mir den rechten Weg der Kunst zeigten.
Ihrer verehrten Frau Gemahlin nebst Familie meine innigste Hochachtung.
 
Ihr dankbarer
Aug. Kiel
 
Detmold d. 14ten April 37

Autor(en): Kiel, August
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Fries, Leonhard
Schäfer (Bass in Detmold)
Scott, Emma
Wolff (Tenor in Detmold)
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Des Heilands letzte Stunden
Erwähnte Orte: Detmold
Paderborn
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Detmold>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1837041438

Spohr



Der letzte Brief dieser Korrespondenz ist Kiel an Spohr, 15.02.1837. Spohr beantwortete diesen Brief am 18.04.1837.

[0] [Ergänzung 30.06.2022:] „Schließt man den Brief Jemanden zur Uebergabe bei, so schreibt man auf die Adresse: ,Durch Inlage‘ – ,durch Beischluß‘ – ,durch Einschluß‘ – ,durch Güte‘ oft auch abgekürzt nur die Anfangsbuchstaben: d. I. – d. B. – pr. E. – d. G. –“ (Neuester und vollständigster deutscher Universal-Muster-Briefsteller, sowie österreichischer Privat-Geschäfts-Secretär, welcher alle im bürgerlichen Leben vorkommenden schriftlichen Aufsätze zu verfassen lehrt, Bd. 1, o.O. [1842], S. 124).

[1] [Ergänzung Hans Tromp, 30.06.2022:] Vgl. z.B. „Kassel, 24. März]“, in: Allgemeine Zeitung <München> (1837), S. 718; „[In Kassel sollte an den Pfingstfeiertagen]“, in: Friedens- und Kriegs-Kurier 01.04.1837, nicht paginiert; „Kassel, 24. März“, in: Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung 02.04.1837, nicht paginiert; „[In Kassel sollte an den Pfingstfeiertagen]“, in: Augsburger Postzeitung 03.04.1837, nicht paginiert.
 
[2] Vgl. Richard Müller-Dombois, Die Fürstlich Lippische Hofkapelle. Kulturhistorische, finanzwirtschaftliche und soziologische Untersuchung eines Orchesters im 19. Jahrhundert (= Studien zur Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts), Regensburg 1972, S. 59.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.06.2016).